© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/16 / 02. Dezember 2016

Galerie wartet auf Bilder
Moderne Kunst: Die Sammlung von Farah Diba wird vorerst nicht in Berlin gezeigt
Martina Meckelein

Das ist ein Super-Gau für das kulturelle Berlin: Die Ausstellung von 60 Werken der einzigartigen Sammlung der letzten persischen Kaiserin Farah Diba wird nicht am 4. Dezember in der Gemäldegalerie eröffnet. Schlimmer, die Bilder waren und sind nicht einmal in Deutschland. Die Genehmigung für die Ausfuhr steht seitens der iranischen Regierung aus. Die seltsame Begründung ist auf der Seite der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) zu lesen: „Die jüngsten Veränderungen im iranischen Kulturministerium haben leider zu für alle Seiten nicht absehbaren Verzögerungen geführt, so daß der ursprünglich geplante Eröffnungstermin am 4. Dezember nicht mehr gesichert erscheint.“

Warum führen Veränderungen im iranischen Kulturministerium zu einer nicht absehbaren Verzögerung einer weltweit einzigartigen Ausstellung in Berlin? „Wir können nur sagen, daß es einen Personalwechsel auf politischer Ebene im iranischen Kulturministerium gegeben hat“, sagt die Pressesprecherin der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Stefanie Heinlein, zur JUNGEN FREIHEIT. Es handelt sich um den Leiter des iranischen Museums Majid Mollanoroozi. Er sei von dem Projekt entbunden worden. Und zwar in Absprache zwischen den deutschen und den iranischen Verhandlungspartnern.

Rückblick: Die frühere Kaiserin von Persien, Farah Diba, gründete das Museum für Zeitgenössische Kunst in Tehe-ran (TMOCA). Mit den Öl-Millionen wurden Werke von Toulouse-Lautrec, Gaugin, Warhol, Max Ernst, Picasso, Georges Braque, Man Ray, Alberto Giacometti, Skulpturen des englischen Bildhauers Henry Moore, Pop Art von Robert Rauschenberg, Roy Lichtenstein oder Donald Judd, Jackson Pollok angekauft. Die Financial Times schätzt die Sammlung auf drei Milliarden Dollar. Als 1979 die Revolution im Iran den Schah stürzte und Ayatollah Khomeini an die Macht brachte, wurden die Bilder und anderen Kunstwerke zum Glück nicht zerstört. Eine, die sie im Depot sehen konnte, ist Marlene Neckermann, die Nichte von Joseph Neckermann. Das war 2014. „Ich war im Keller des Museums in Teheran“, sagt sie der JF. „Ich bin vor Ehrfurcht versunken. Die Bilder waren in einem hervorragenden Zustand, sie waren, soweit ich es erkennen konnte echt und sie wurden hervorragend aufbewahrt.“

Neckermann hatte nach Gesprächen mit dem Museum in Teheran den Auftrag, gemeinsam mit ihrem Geschäftspartner Dieter Heisig die Sammlung internationalen Museen für Ausstellungen anzubieten. Beide gelten als im Kunstmarkt bestens vernetzt, sie ist Malerin, er Betriebswirt. Die Sammlung sollte, nach drei Monaten in Frankfurt, unter anderem nach Rom und London auf Reisen gehen.

Der jungen freiheit liegt ein Schriftverkehr vor, aus dem hervorgeht, daß im Sommer 2014 die Planungen weit fortgeschritten waren. Die Europa-Tour der Werke sollte von November 2015 bis Mai 2017 dauern, der Versicherungswert der Exponate eine Milliarde Euro nicht überschreiten. Statt einer Beteiligung an den Eintrittsgeldern wurde ein Sponsor für die Frankfurter Ausstellung und gegebenenfalls für die ganze Tournee gesucht. Außerdem sollte, neben der Übernahme aller Kosten der Ausstellung, dem Teheraner Museum pro Station eine Pauschale von rund 250.000 Euro gezahlt werden. Außerdem sollte Teheran die Transportkisten, alle digitalen Dateien (Abbildungen und Texte) und eine erhöhte Druckauflage des Katalogs in englischer Sprache erhalten. Um den Zeitplan einzuhalten, sollte der Vertrag bis spätestens Oktober 2015 abgeschlossen werden.

Die JUNGE FREIHEIT fragte im Städel-Museum nach. Der Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Axel Braun, bestätigt: „Vor einiger Zeit gab es zwischen der Schirn Kunsthalle und dem Teheraner Museum für Moderne Kunst Gespräche über eine mögliche Präsentation der Sammlung in Frankfurt – allerdings haben diese letztendlich zu keiner Einigung geführt.“ 

Dieter Heisig erklärt, warum aus seiner Sicht die Gespräche zu keiner Einigung führten: „Die Iraner wollten drei Millionen Euro haben – illusorisch. Außerdem bot uns Mollanoroozi im August oder September 2014 an, eine kleine Auswahl an Bildern vorab zu begutachten, unter anderem einen Warhol. Als wir die Bilder sahen, waren wir entsetzt. Sie waren winzig klein, zerfetzt und völlig verdreckt. Der Warhol, darüber habe ich eine Expertise, war ein Werbeplakat. Mollanoroozi wollte sie verkaufen.“

Heisig weiter: „Mollanoroozi erzählte, Kinderbuchautor zu sein und Regimefreund, Soldat im irakisch-iranischen Krieg. Kameraden seiner Brigade sollen im iranischen Kulturministerium sitzen.“ Heisig distanzierte sich immer mehr vom Teheraner Angebot, versuchte die Ausstellung jedoch für Frankfurt zu retten. „Ich wußte jedoch nicht, daß das Auswärtige Amt sich da schon um die Teheraner Sammlung bemühte.“ Nach Informationen der jungen freiheit stimmt das so nicht. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz bemühte sich um das Ausstellungsprojekt und bat um flankierende Maßnahmen aus der Politik. Im Oktober 2015 unterzeichnete Außenminister Frank-Walter Steinmeier für Berlin den Vertrag zur Kunstausstellung.

Dafür griff Steinmeier tief ins Steuersäckel – 2,8 Millionen Euro soll er der Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) als Sondermittel für die Ausstellung zur Verfügung gestellt haben. Grütters allerdings sandte das Geld „als Zeichen meiner Distanznahme“ ans Auswärtige Amt zurück, nachdem bekannt geworden war, daß der Teheraner Museumsleiter Mollanoroozi Holocaust-Karikaturen für preiswürdig hält. Zudem fordert der Iran auch noch eine Sicherheitsgarantie für die Ausstellungsbilder, damit sie hier nicht beschlagnahmt werden.