© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/16 / 02. Dezember 2016

Aus drei Stufen werden fünf Grade
Versicherung 2017: Höchstrechnungszins fällt auf 0,9 Prozent / Bei der Pflege wird es komplizierter / Zuzahlungen steigen teilweise empfindlich an
Peter Offermann

Wie es so schön in „Dinner for One“ heißt, stehen gemäß „The same procedure as every year“ erneut Änderungen im Versicherungbereich an. Aufatmen können Kfz-Kunden. Nein, von höheren Beiträgen bleiben die meisten Autofahrer zwar auch 2017 nicht verschont. Jedoch gibt es diesmal keine gravierenden Tarifänderungen.

Die neuen Telematiktarife (JF 48/15) laufen schlecht: Die Hälfte der Deutschen lehnt sie grundsätzlich ab, weil sie Daten über ihr Fahrverhalten nicht an eine Versicherung weitergeben möchten. Das ergab eine repräsentative GfK-Befragung im Auftrag des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Ein Viertel sieht kein Sparpotential. Nur jeder vierte deutsche Autofahrer kann sich vorstellen, einen Telematik-Versicherungstarif abzuschließen.

Unabhängig davon kommt es allein durch die jährlichen Änderungen der Regional- und Typklassen im Bereich der Haftpflicht und Kasko bei einigen beliebten Modellen zu erheblichen Beitragserhöhungen. Zu den großen Verlierern gehören etwa Modelle der familienfreundlichen BMW 2er-Serie, der Mini-SUV Opel Mokka 1.6 CDTi und der Audi A5 TSFi, der in der Teilkasko sogar um vier Stufen steigt. Freuen dürfen sich hingegen Fahrer von Audi S3, Škoda Fabia 1.0 oder Seat Leon 1.6 Tdi.

Weiter sinken wird im kommenden Jahr der Höchstrechnungszins („Garantiezins“) in der Lebensversicherung. Dieser sinkt auf das Rekordtief von 0,9 Prozent. Dies hat das Bundesfinanzministerium festgelegt. Zu D-Mark-Zeiten waren es 3,5 bis vier Prozent gewesen. Viele Versicherer kritisieren diese Absenkung als zu stark und zu früh, denn im Branchenschnitt wurden immer noch über zwei Prozent erwirtschaftet.

Auch wenn die Lebensversicherung (LV) inzwischen als Altersvorsorge generell nicht mehr die erste Wahl ist (JF 11/16), so dürfte diese erneute Absenkung ein weiterer Sargnagel für der Deutschen einst liebstes Kind in der Altersvorsorge sein. So teilte Marktführer Allianz bereits mit, daß man zwar die LV mit Garantiezins weiterhin anbiete, „könne sie aber angesichts höherer Rendite von anderen Vorsorgekonzepten nicht empfehlen“.

Körperbehinderte sollten noch in diesem Jahr handeln

Nur zehn Prozent der Kunden favorisieren beim Neuabschluß das Altprodukt mit garantierter Verzinsung. Das Zinstief macht sich aber auch beim Abschluß wichtiger Risikoprodukte bemerkbar. Da bei Berufsunfähigkeits- und Risikolebensversicherungen in der Regel Gewinnanteile direkt in die Beitragsberechnung einfließen (Brutto/Nettobeitrag), dürften diese 2017 durch die erneute Senkung teurer werden.

Komplizierter wird die Situation in der Pflegeversicherung (PV). Gab es bislang drei Stufen, nach denen die Pflegebedürftigkeit bemessen wurde, werden durch das schwarz-rote Pfle­gestärkungs­gesetz II zum 1. Januar fünf Pflegegrade eingeführt. Neu hierbei ist, daß bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit neben den körperlichen auch geistige und psychische Gebrechen eine stärkere Rolle spielen. Wer bereits PV-Leistungen erhält, hat in der Regel weiterhin Anspruch auf seine bisherigen Leistungen.

Problematischer wird es ab 2017 jedoch für Personen, die einen Antrag auf Pflegeleistungen ausschließlich wegen körperlicher Beeinträchtigungen stellen möchten. Hier sollte man noch in diesem Jahr handeln, denn wer wegen nachlassender körperlicher Leistungen in ein Pflegeheim ziehen will, muß aufgrund der neuen Pflegegrade mit höheren Eigenbeteiligungen rechnen. Grund hierfür ist, daß jene, die aufgrund körperlicher Gebrechen beispielsweise in Pflegestufe I sind, nun „nur“ in den nächsthöheren Pflegegrad 2 überführt werden.

Wer sich hingegen wegen Demenz in Pflegestufe I befindet, erhält 2017 bereits den Pflegegrad 3. Und das wirkt sich finanziell aus. In Pflegestufe I (Pflegegrad 2) werden ab 1. Januar 2017 294 Euro und in Pflegestufe II (Pflegegrad 3) 68 Euro weniger gezahlt. Daher wird die Zuzahlung besonders in den unteren Pflegegraden stark ansteigen. Bei den höheren Pflegegraden wird sie gleich bleiben oder gar günstiger werden.

Nicht von der Neuregelung betroffen sind Bewohner einer Pflegeeinrichtung. Ebenfalls Bestandsschutz genießen alle, die von ihren Angehörigen zu Hause gepflegt werden. Aber Vorsicht: Dies bezieht sich nur auf die aktuelle Einstufung der Pflegebedürftigkeit. Wer sich also momentan in der Pflegestufe II befindet, wird bei Verschlechterung seiner Situation nicht nach altem Recht (Einstufung in Pflegestufe III), sondern den neuen Regelungen für die Vergabe eines höheren Pflegegrades beurteilt.

Pflegeinformationen der Krankenkassen:  www.mds-ev.de