© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/16 / 02. Dezember 2016

Ländersache
Teure Genossen
PeterMöller

Die Linkspartei in Brandenburg hat das, was man unter anderen Vorzeichen einen Lauf nennen würde. Doch die Genossen in dem vom einstigen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) „kleine DDR“ getauften Bundesland eilen nicht von Erfolg zu Erfolg, sondern von Skandal zu Skandal. Dabei handelt es sich nicht allein um eine Aneinanderreihung von Mißgeschicken, sondern um einen Ausweis massiver personeller Defizite der märkischen Linkspartei.

 Angefangen hatte die Krise Anfang des Jahres mit Justizminister Helmuth Markov. Der hatte im Sommer 2010 noch als Finanzminister und stellvertretender Ministerpräsident einen Transporter aus dem Landesfuhrpark genutzt, um sein privates Motorrad in die Werkstatt zu bringen. Daß er damit eindeutig gegen Vorschriften verstieß, wollte Markov partout nicht einsehen. Viel schlimmer für die selbsternannte Partei der sozial Schwachen war allerdings, welches Bild der Fall nach außen vermittelte: Ein hochbezahlter Minister mietet sich nicht wie jeder andere Privatmann einfach einen kleinen Transporter, sondern stellt die Fahrtkosten in Höhe von 435,30 Euro dem Steuerzahler in Rechnung. Am Ende mußte Markov seinen Hut nehmen.

 Doch das war erst der Anfang: Seit Oktober muß sich der ehemalige Landtagsabgeordnete der Linkspartei Peer Jürgens vor Gericht verantworten. Ihm wird vorgeworfen, während seiner Zeit im Landtag unrechtmäßig Fahrt- und Wohnkostenzuschüsse in Höhe von 87.000 Euro bezogen zu haben, weil er falsche Angaben zu seinem Hauptwohnsitz gemacht hatte. Jürgens, der immer noch als Referent in der Potsdamer Linksfraktion beschäftigt ist, droht im schlimmsten Fall sogar eine Gefängnisstrafe.

 Dagegen  ist der Fall von Sozialministerin Diana Golze von der Summe her relativ bescheiden – dafür hat er aber ein besonderes Raffke-Potential. Durch Recherchen der Bild-Zeitung war im Sommer bekanntgeworden, daß Golze in ihrer Zeit als Bundestagsabgeordnete über ihr Büro Luxusfüller von Montblanc im Wert von knapp 3.000 Euro bestellt hatte. 

 Und in der vergangenen Woche nun mußte sich schließlich Markovs Nachfolger als Justizminister, Stefan Ludwig, in den Staub werfen, um seine Entlassung durch Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) abzuwenden. Eine Wahlkreismitarbeiterin Ludwigs, die er nach seinem Wechsel aus dem Landtag in das Justizministerium entlassen hatte, zog wegen ausstehender Lohnzahlungen in Höhe von 1.500 Euro vor Gericht. Doch Ludwig (Jahreseinkommen 150.000 Euro) zeigte sich uneinsichtig und gab der Landtagsverwaltung die Schuld. Als wäre der Vorfall nicht peinlich genug, wurde auch noch bekannt, daß die Frau schwerbehindert ist. Am Ende mußte Ludwig seinen Fehler öffentlich eingestehen und sich entschuldigen. 

Angesichts der geballten Fehlleistungen des Spitzenpersonals war die Stimmung auf dem Landesparteitag am vergangenen Wochenende entsprechend angespannt. „Wir dürfen niemals die Bodenhaftung verlieren. Ich hatte den Eindruck, daß das in letzter Zeit passiert ist“, gab Linken-Parteichef Christian Görke zerknirscht zu Protokoll. In Brandenburg dürfte ihm derzeit niemand widersprechen.