© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 48/16 / 25. November 2016

Hilflos gegen marktförmig organisierte Stadtpolitik
Konsumräume statt Daseinsvorsorge
(wm)

Gegründet 1884, als Bismarcks Sozialgesetzgebung die SPD ausbremsen wollte, ist die Zeitschrift Die Arbeiter-Kolonie selbst ein Stück Geschichte deutscher Fürsorgepolitik geworden. Heute als Quartalsschrift unter dem Titel Wohnungslos erscheinend, ist sie Sprachrohr der Kritik an den seit Ausbruch der Finanzkrise 2008 auch im prosperierenden Deutschland wachsenden Armutsraten. Besonders in Großstädten, so beklagt der Publizist Klaus Ronneberger (Ausgabe 2/2016), träten soziale Segregationsprozesse offen zutage. Eine dramatische Entwicklung, die er auf „unternehmerisch orientierte Stadtpolitik“ zurückführt, die „mit neoliberalen Konzepten städtischen Raum marktförmig“ organisiere, um Investoren und Kapital anzulocken. Die kommunalpolitische Abkehr vom Ziel öffentlicher Daseinsvorsorge zeige sich an der Verknappung bezahlbaren Wohnraums und Gentrifizierung, Sozialabbau und Prekarisierung, die einhergehe mit der Umformung der Innenstädte zu „Konsumräumen“, in denen „Kommerz und Spektakel“ dominierten. Sozialwissenschaftlich diskutierte Widerstandsbündnisse zwischen Marginalisierten, kleinbürgerlichen Kiez-Initiativen und Politgruppen hält Ronneberger jedoch für „bislang zu abstrakt“, um den Trend zur „neoliberalen Erlebnisstadt“ zu stoppen. 


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