© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 48/16 / 25. November 2016

Seit Oktober fällt der Ölpreis wieder unter 50 Dollar
Kein Trump-Schock in Sicht
Thomas Kirchner

Ölscheichs und Ökoapostel haben etwas gemeinsam: Angst vor Donald Trump. Ausgerechnet Harold Hamm, Pionier der Schieferölförderung, könnte Energieminister werden. Nicht nur Kohle will der „President-elect“ wieder stärker zur Energiegewinnung einsetzen, denn davon liegen im Landesinneren Vorkommen, die Jahrhunderte reichen. Besonders wegen des Öls ist die Panik groß, denn Trump will Umweltauflagen beim Fracking (JF 7/16) rückgängig machen. Dadurch kann die Produktion steigen und der Ölpreis fallen.

Doch die Ölindustrie steckt nicht wegen strenger Vorschriften in der Krise, sondern wegen des niedrigen Preises, der sich zwar auf inzwischen fast 50 Dollar pro Faß (159 Liter) erholt hat; er ist aber immer noch nur halb so hoch wie noch im Sommer 2014. Einer der Gründe für den Preisverfall ist der starke Anstieg der Produktion von Schieferöl. Durch den Boom hat sich die Branche selbst ins Verderben gestürzt. Die Förderkosten von Schieferöl, die in den letzten Jahren stark gesunken sind, liegen in etwa auf dem Niveau des derzeitigen Ölpreises. Zahlreiche Firmen der Frackingbranche mußten bereits restrukturieren, die Aktionäre erlitten in einigen Pleiten sogar Totalverlust.

Solange der Ölpreis gerade einmal die Förderkosten deckt, kann man nicht damit rechnen, daß die Produktion ausgebaut wird. Gebohrt wird nur noch dort, wo Firmen Konzessionen verlieren, wenn sie ein gewisses Minimum an Investitionen nicht einhalten. Die Produktion wird erst wieder zunehmen, wenn der Ölpreis weiter steigt oder die Förderkosten erneut stark sinken. Durch die potentielle Zunahme der Schieferölproduktion ist der Ölpreis zwar nicht unbedingt gedeckelt, ein Anstieg wird aber langsamer ausfallen. Dazu kommt, daß die günstig zu erschließenden Vorkommen vermutlich schon ausgebeutet werden und das Bohren im Laufe der Zeit immer teurer wird. Das Preisniveau, ab dem Schieferöl wettbewerbsfähig wird, steigt langfristig.

Nicht zu vernachlässigen ist die Opec. Seit dem Verfall des Ölpreises versucht das Kartell, sich auf eine Produktionsdrosselung zu einigen. Das Problem vieler Förderländer sind die hohen Staatsausgaben, die sie zum Ölverkauf zwingen, egal zu welchem Preis. Langfristig werden die Fördermengen dort sinken, weil kaum investiert wird. Elektroautos und die „Dekarbonisierung“ werden auf den Ölpreis nur geringe Auswirkungen haben. Diese Entwicklungen spielen selbst in Industriestaaten nur eine Nebenrolle in der Nachfrage. In Ländern mit den höchsten Wachstumsraten beim Verbrauch kann man sich solchen Luxus nicht leisten.

Clinton-Unterstützer Warren Buffett setzt gleichzeitig auf steigende und fallende Ölpreise. Der 86jährige Starinvestor kauft Fluglinienaktien, besitzt aber auch die Eisenbahn Burlington Northern, die Schieferöl aus der Bakken-Formation in North Dakota zu Raffinerien transportiert.