© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 47/16 / 18. November 2016

Ein Platz an der Sonne
AfD: Das Rennen um die Bundestagsmandate hat begonnen / Den Parteitag in Baden-Württemberg überschattet ein Skandal in der Fraktion
ChristianVollradt

Wann genau der nächste Bundestag gewählt wird, steht noch nicht fest. Irgendwann zwischen Ende August und Ende Oktober 2017. Das Rennen um die aussichtsreichsten Kandidatenplätze ist jedoch schon in vollem Gange. Und mit ihm auch die obligatorischen Begleiterscheinungen, die solch ein harter Konkurrenzkampf mit sich bringt. Nicht nur, aber auch in der AfD.

Die hohen Zustimmungswerte in Umfragen wecken Begehrlichkeiten; sowohl an der Basis wie bei der Parteiprominenz. Hier ist der Bundesvorsitzende Jörg Meuthen bisher der einzige, der ausdrücklich seinen Verzicht auf eine Bundestagskandidatur erklärte. Seine Co-Vorsitzende Frauke Petry ist noch auf der Suche nach einem passenden Wahlkreis für ein aussichtreiches Direktmandat. An ihrem Wohnsitz in Leipzig wäre angesichts einer gewaltbereiten linksextremen Szene die Gefahr massiver Veranstaltungsstörungen zu groß. 

Ohne Frage: Mit einem Direktmandat im Reichstag zu sitzen, wäre prestigeträchtiger, als über die Liste einzuziehen. 

Das weiß auch Alexander Gauland, Bundesvize der AfD und ihr Fraktionschef im Brandenburger Landtag. Am vergangenen Wochenende wurde er einstimmig als Direktkandidat für den Wahlkreis Frankfurt (Oder)/ Oder-Spree nominiert. Dort liegt eine der Hochburgen der Partei. An seinem Wohnsitz in Potsdam hätte der 70jährige dagegen mit der CDU-Konservativen Saskia Ludwig konkurrieren müssen. Noch im September hatte Gauland eine Direktkandidatur in Frankfurt als „Blödsinn“ ausgeschlossen. 

Während Nordrhein-Westfalen und Hessen ihre Landeslisten bereits aufgestellt haben, will der Landesverband Baden-Württemberg auf einem Parteitag am Wochenende seine Kandidaten nominieren. Gute Chancen rechnet sich dabei Alice Weidel, Mitglied im AfD-Bundesvorstand (JF 46/16) aus. Sie will mit einem sogenannten „Spitzenquartett“ antreten, zu dem noch Landessprecher Lothar Maier, der Philosoph Marc Jongen und Markus Frohnmaier, Bundessprecher der Jungen Alternative, gehören. 

„Dieses Team ist kein festgezurrtes Paket, in erster Linie kandidiert natürlich jeder für sich“, sagte Marc Jongen der JUNGEN FREIHEIT. „Aber bei unseren Mitgliedern fallen immer wieder die genannten Namen, wenn es um die vorderen Plätze geht. Und da wir vier uns gegenseitig sehr wertschätzen, ist es naheliegend, daß wir uns keine Kampfkandidaturen liefern wollen.“

Konkurrenz bekommt Jongen indes von seiten der Parteirechten, in Person des Freiburger Anwalts Dubravko Mandic. Der gebürtige Bosnier ist auch in der eigenen Partei nicht unumstritten. 2014 wurde ein Ausschlußverfahren gegen ihn eingeleitet, der Landesvorstand warf ihm zu große Nähe zu rechtsextremen Kreisen vor. „Von der NPD unterscheiden wir uns vornehmlich durch unser bürgerliches Unterstützerumfeld, nicht so sehr durch Inhalte“, hatte Mandic unter anderem einmal behauptet. 

„Ich sehe dieser Gegenkandidatur gelassen entgegen. Natürlich habe ich ein anderes Profil als Herr Mandic. Aber ich kandidiere nicht gezielt gegen den ‘Flügel’, sondern auf dem Platz, den ich für den passenden halte“, meint Marc Jongen dazu. „Die Partei sollte eine gesunde Durchmischung repräsentieren. Unsere polemischen Energien sollten wir besser nach außen richten.“

Landtagsabgeordneter ging auf Fraktionskollegen los

Diesen Hinweis sollte sich insbesondere die erst kürzlich mühevoll wiedervereinigte Landtagsfraktion in Stuttgart zu Herzen nehmen. Dort soll am Mittwoch vergangener Woche der Abgeordnete Stefan Räpple seinen Fraktionskollegen Stefan Herre attackiert und als „Pisser“ beschimpft haben. Herre hatte Räpple für seine im Plenum geäußerten „Volksverräter“-Zwischenrufe kritisiert. Räpple soll zudem versucht haben, Herre umzustoßen. Dies konnte durch das Eingreifen mehrerer anderer AfD-Abgeordneter verhindert werden, berichteten Augenzeugen. Über Abgeordnete im Bundestag habe Räpple gesagt, diese würde er am liebsten aufhängen.

Am Dienstag dementierte die Pressesprecherin der Fraktion, Astrid Schlupp-Melchinger, „in Umlauf gebrachte Gerüchte, es sei zu einer tätlichen Auseinandersetzung gekommen“. Dies habe sich nicht bestätigt. Wohl habe eine Diskussion unangemessene Formen angenommen. Gegen Räpple seien „geeignete Maßnahmen“ eingeleitet worden, hieß es in der Mitteilung. Details wollte die Fraktion nicht nennen. 

Wie die JUNGE FREIHEIT erfuhr, darf Räpple nicht an der Bundesversammlung zur Wahl des Bundespräsidenten teilnehmen und keinem Arbeitskreis mehr vorsitzen.