© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 46/16 / 11. November 2016

Haltungsnote
Das macht die Berliner Luft
Curd-Torsten Weick

Der Berliner Operettenhimmel strahlt endlich mal wieder. Im Tipi am Kanzleramt heben die Geschwister Pfister, Cora Frost, Gustav Peter Wöhler, Sharon Brauner & Co. ab und zelebrieren zum 150. Geburtstag von Komponist Paul Lincke dessen Meisterstück „Frau Luna“. Mit „Schenk mir doch ein kleines bißchen Liebe“ und „Das macht die Berliner Luft“ wird gefoxtrottet, gewalzt und marschiert, was das Zeug hält.

Doch gerade letzteres gefällt Friedhelm Teicke vom Stadtmagazin Zitty überhaupt nicht. Die Arrangements folgten nicht nur „allzu brav einer historischen Aufführungspraxis von 1922“. „Ganz schlimm“, so Teicke weiter, werde es dagegen bei „Berliner Luft, Luft, Luft“, „jenem längst kaputtgespielten Marsch, bei dem das Publikum auch noch zum Mitklatschen und -pfeifen animiert“ werde, als säße es im „Sportpalast und wolle gleich, ‘Links – zwo – drei – vier’, Polen überfallen.“

„Alles auf einmal? Really!?“ zeigten sich die Pfisters überrascht und konterten auf Facebook augenzwinkernd: „Da kommen ja in zwei Sätzen aus des Kritikers Feder mehr Vorurteile und Klischees aufs Blatt als in jedem noch so ranzigen Operettenlibretto.“ Und überhaupt: Die „Berliner Luft nur noch als ChaChaCha spielen“? Da kriegen die glatt „den Blues“!