© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 46/16 / 11. November 2016

Ländersache
Schöner Filzen in Grün
Michael Paulwitz

Bei uns wird nicht geschmiert, sondern gebuttert“, hieß mal ein Wahlkampfslogan der Grünen, als die in Baden-Württemberg noch Latzhosenpartei waren und anders sein wollten als die von ihnen so titulierten „Altparteien“. Unter dem landesväterlichen Winfried Kretschmann stehen sie im Staatspartei-Gehabe der CDU, mit der sie seit dem Frühjahr geräuschlos regieren, mittlerweile in nichts mehr nach.

Ein schönes Stück Regierungsbutter hat der ehemalige Grünen-Abgeordnete für Wiesloch abbekommen, der es nicht mehr in den Landtag geschafft hat, obwohl seine Partei inzwischen die stärkste Fraktion stellt: Kai Schmidt-Eisenlohr wird ab Januar 2017 Chef der renommierten landeseigenen Wirtschaftsfördergesellschaft Baden-Württemberg International (BWI), obwohl die Wirtschaftsverbände des Landes als Mitgesellschafter lieber den bisherigen SPD-Amtsinhaber behalten hätten. Ministerpräsident Kretschmann findet es ganz normal und konsequent, daß Parteien und nicht der Aufsichtsrat in Landesunternehmen das Sagen haben – in der Demokratie nähmen die Regierungsparteien nun mal die Interessen der öffentlichen Hand wahr.

Das Vorschlagsrecht der Grünen, einen der Ihren mit dem attraktiven Posten zu versorgen, war eine von zahlreichen unveröffentlichten „Nebenabsprachen“ zum grün-schwarzen Koalitionsvertrag, die nicht nur die Opposition schon vom „grün-schwarzen Filz“ sprechen lassen. Noch dreister wurde in den Geheimvereinbarungen um die Köpfe von zwei der vier Regierungspräsidenten im Land gekungelt. Bereits zum 1. Juni wurde Wolfgang Reimer, dessen Posten als grüner Amtschef des von der CDU reklamierten Landwirtschaftsministeriums der Koalitionsarithmetik zum Opfer gefallen war, zum Regierungspräsidenten in Stuttgart ernannt. Der 2008 noch unter CDU/FDP-Regierung berufene Liberale Johannes Schmalzl, im Ehrenamt Landeschef des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge, wurde dafür von Kretschmann in den einstweiligen Ruhestand versetzt. 

„Wir begründen das nicht, das sind Vertrauensfragen“, ließ der Regierungschef kritische Nachfragen kühl abperlen. Anfang Oktober kam auch der Juniorpartner CDU wie abgesprochen zum Zug; der schon länger nach einem neuen Posten suchende Klaus Tappeser durfte endlich den Tübinger Regierungspräsidenten Jörg Schmidt ablösen. Anders als der öffentlich nur murrende Schmalzl hatte der SPD-Mann, der den gut dotierten Posten nicht mal ein Jahr lang bekleiden durfte, gegen seine vorzeitige Pensionierung geklagt und verloren. Tappeser kennt das; als abgewählter OB von Rottenburg prompt als Ministerialdirektor im Wissenschaftsministerium gut versorgt, war er 2011 selbst gegen seine Ablösung durch die erste grüne Landesregierung erfolglos vor Gericht gezogen.

An schwarze Zeiten erinnert auch die offene Kumpelei, mit der der eifrige Radfahrer und grüne Verkehrsminister Winfried Hermann seinem Duz- und Parteifreund Rainer Zeltwanger, Chef einer Stuttgarter Fahrschule, werbewirksame PR-Auftritte und privilegierte Mitwirkung bei der Formulierung neuer rechtlicher Vorgaben einräumt. Wir sind gekommen, um zu bleiben, signalisiert die Zielstrebigkeit, mit der sich die Südwest-Grünen das Land zur Beute machen. Gegen so gelehrige Schüler könnte die Rückkehr der CDU in die alte Herrlichkeit in weiter Ferne liegen.