© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 46/16 / 11. November 2016

EKD-Ratsvorsitzender warnt vor „Rechtspopulismus“
Politiknah und schriftfern
Christian Vollradt

Klare Kante gegen Rechts. Dies scheint die Hauptbotschaft der in Magdeburg tagenden Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland zu sein: Man sorgt sich wegen der Wahlerfolge der AfD, der Vergiftung des politischen Klimas und um die Bundesrepublik als „gastfreundliches Land“.

Knapp hundert Jahre nach Abschaffung des landesherrlichen Kirchenregiments zeigen sich die Nachfahren der Reformation wenigstens bei dem erstaunlich konservativ, was ihnen schon jahrhundertelang als Makel anhaftete: politiknah – und dadurch schriftfern – zu sein. Wie soll ein sozialdemokratischer Politiker vor Jahren mal überspitzt geunkt haben: „Verglichen mit der EKD ist die SPD geradezu rechtsradikal.“ Böten sich Alternativen, die den Bedford-Strohms und Schwaetzers dringender unter den Nägeln brennen sollten? Vielleicht, daß nur noch etwas mehr als ein Viertel der hier Lebenden einer EKD-Gliedkirche angehört; daß die jährlichen Austrittszahlen auf Rekordniveau rangieren, gleichzeitig aber nur ein niedriger einstelliger Prozentsatz derer, die nominell zur Kirche gehören, sonntags regelmäßig einen Gottesdienst besucht? Kurz: daß die Deutschen zu religiösen Analphabeten werden? Nein, lieber zivilcouragierte Watschen an die angeblichen Menschenfeinde verteilen, dafür bekam der Ratsvorsitzende donnernden Applaus. „Kein Irrtum ist so groß, der nicht seinen Zuhörer hat“, wußte ja schon Luther.