© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 45/16 / 04. November 2016

Meldungen

Psychologe: Smartphones sind „Bildungskiller“

ULM. Vor einer übermäßigen Nutzung digitaler Medien hat der renommierte Psychologieprofessor und Ärztliche Direktor an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Ulm, Manfred Spitzer, gewarnt. In einem Interview mit der Evangelischen Nachrichtenagentur idea bezeichnete er Smartphones als „Bildungskiller Nummer eins“. Sie produzierten willenlose Menschen. Wer seine Kindheit ständig online verbringe, stehe in der Gefahr, seine Bildungskarriere zu ruinieren: „Denn man kann mit 25 Jahren nicht mehr nachholen, was man mit fünf Jahren nicht gelernt hat.“ Bestimmte Lernprozesse des Gehirns seien dann längst abgeschlossen. Diese Prägungen durch zuviel Fernseh- oder Internetkonsum ließen sich später kaum noch reparieren. Spitzer: „Kinder lernen das Sprechen dadurch, daß mit ihnen gesprochen wird.“ Der Unterschied zwischen einem Kind der Oberschicht und einem der Unterschicht liege zum Schulanfang etwa bei 30 Millionen gehörten Wörtern. Spitzer zufolge hält das Smartphone seinen Nutzer vom eigentlichen Leben ab: „Der ständige Eingang von Nachrichten nervt, streßt und lenkt ab – und genau diese Klage hören wir ja heute von vielen Menschen.“ Manche Unternehmen schalteten deshalb inzwischen die Server ab, damit ihre Mitarbeiter nach 20 Uhr nicht mehr dienstliche E-Mails beantworteten, sondern sich erholten. Ältere Generationen wüßten noch, daß es auch ein Leben ohne Smartphone gibt. Für Jugendliche sei das schwerer: „Sie haben nie gelernt, ihren eigenen Willen auszubilden, sondern sind durch ihre Smartphones konditioniert.“ Laut dem jüngsten Bericht der Drogenbeauftragten der Bundesregierung gebe es in Deutschland 560.000 Internetsüchtige. Sozialverhalten lerne man aber nicht vor dem Bildschirm: „Damit Kinder sozialer werden, sollten sie gemeinsam musizieren oder sich zum Sport verabreden, ein Bild malen, auf einen Baum klettern oder auf einen Berg steigen.“ (idea/JF)





Kein Friedrich-Denkmal: Potsdam schlägt Erbe aus

POTSDAM. Die brandenburgische Landeshauptstadt Potsdam hat eine testamentarisch verfügte Erbschaft von 50.000 Euro ausgeschlagen. Grund: Nach dem Willen des Erblassers sollte mit dem Geld im Lustgarten die Wiederaufstellung eines Standbildes des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I. finanziert werden. Das jedoch lehnt die Potsdamer Stadtverwaltung ab – obwohl sie auf ihrer Internetseite den sogenannten Soldatenkönig als „Schlüsselfigur in der Entwicklung der Stadt“ vorstellt. Saskia Hüneke, Bauexpertin der Grünen und beruflich in der Schlösserstiftung tätig, erklärte der Märkischen Allgemeinen, sie habe „ein Problem damit, den Denkmalkult des 19. Jahrhunderts in Form von Nachgüssen wiederzubeleben“. (tha)





Sexualerziehung: „Demo für alle“ fordert Überarbeitung

WIESBADEN. Die „Demo für alle“ gegen den hessischen Lehrplan zur Sexualerziehung am 30. Oktober in Wiesbaden mußte wegen massiver Proteste durch eine Gegendemonstration verkürzt werden. Wie die Organisatorin der „Demo für alle“, Hedwig von Beverfoerde, mitteilte, habe man diese Maßnahme ergriffen, um vor allem die zahlreichen Kinder, die von ihren Eltern mitgebracht worden waren, nicht Gefahren auszusetzen. Die „Demo für alle“ hatte nach Angaben der Veranstalter 1.900 Teilnehmer, die Gegendemonstration laut Polizei bis zu 1.500. Der Lehrplan zur Sexualerziehung sieht vor, daß Schüler unterschiedliche sexuelle Orientierungen und Familiensituationen kennenlernen und akzeptieren sollen. Er war vom hessischen Kultusminister Ralph Alexander Lorz (CDU) durch Ministererlaß in Kraft gesetzt worden, obwohl der Landeselternbeirat und die katholischen Bischöfe in Hessen sich dagegen geäußert hatten. Zugestimmt hatten hingegen die evangelischen Landeskirchen in Hessen. Auf der Kundgebung sprachen unter anderem der katholische Publizist und Leiter der Aktion „Kinder in Gefahr“, Mathias von Gersdorff, sowie der Sozialwissenschaftler Manfred Spieker. Er erklärte, der neue Lehrplan sei mit dem „Gift der Gender-Ideologie“ infiziert. „Der Lehrplan verstößt gegen das Indoktrinationsverbot“, sagte Spieker. Dieses geht auf eine Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Sexualerziehung zurück. Die Bundesvorsitzende der Christdemokraten für das Leben (CDL), Mechthild Löhr, äußerte, Kinder- und auch Sexualerziehung sei Elternrecht: „Wir wollen keine staatliche Lufthoheit über den Kinderbetten.“ Der Staat habe auch nicht die Aufgabe, sexuelle Praktiken zu vermitteln. (JF/idea)