© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 45/16 / 04. November 2016

Mathias von Gersdorff kämpft für den Erhalt der christlichen Kultur Deutschlands
Der Abendländer
Gernot Facius

Der Mann stört sich nicht daran, daß man ihn in die Ecke der katholischen Fundamentalisten stellt. Mathias von Gersdorff, Publizist und Leiter der Jugendschutzaktion „Kinder in Gefahr“, hat bei der „Demo für alle“ am vergangenen Sonntag in Wiesbaden den hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier aufgefordert, den umstrittenen Lehrplan zur Sexualerziehung sofort zurückzuziehen. Deutschland dürfe keine „Gender-Republik“ werden.

Im Klartext: Gersdorff protestiert dagegen, daß der von Kultusminister Ralph Alexander Lorz „mit der Brechstange durchgesetzte“ Lehrplan, der von „Vielfalt sexueller Orientierungen und Geschlechteridentitäten“ fabuliert, die Schüler – schon Zehn- bis Zwölfjährige – überfordert. Wie könne ein CDU-Minister, so von Gersdorff, etwas verantworten, das sich hundertprozentig nach ideologischen Vorgaben der Grünen richte?

In einer Gesellschaft, die sich ihrer „Buntheit“ rühmt, hat so einer einen schweren Stand, gilt als Exot. Zumal, wenn man wie von Gersdorff, Sproß eines alten Adelsgeschlechts mit Stammsitz in der Oberlausitz, so ungewöhnliche Sätze zu Papier bringt wie: „Nur ein christliches Deutschland ist ein wahres Deutschland.“ Oder noch schärfer: „Nur eine christliche Politik kann Deutschland zukünftsfähig machen.“ Ein Katholik dieser Provenienz macht sich verdächtig. Vor allem, wenn er wie der 1964 in Santiago de Chile geborene Freiherr über den traditionalistischen Politiker Plinio Correa de Oliveira (1908 – 1995) aus São Paulo ein Buch geschrieben und Gedanken dieses „Kreuzritters des 20. Jahrhunderts“ – eines Kämpfers gegen die Befreiungstheologie – für seine „Deutsche Vereinigung für eine christliche Kultur“ übernommen hat. Wie sein brasilianisches Vorbild tritt der ehemalige Londoner Bankier gegen den Linkstrend in Staat und Kirche auf, sowie gegen das „Schleifen“ katholischer Positionen. Er hält Plädoyers für den Schutz des Lebens und warnt vor Dammbrüchen in der Bioethik.

Mit dem real existierenden Katholizismus in Deutschland hat von Gersdorff Probleme. Deutschland, sagt der in der Bloggerszene Aktive, brauche dringend Bischöfe mit dem Mut eines Kardinal Graf von Galen, des „Löwen von Münster“, während der  NS-Zeit. Und er verhehlt nicht, daß er mit manchem (protestantischen) Evangelikalen eher übereinstimme als mit einigen Würdenträgern seiner Konfession. Den Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hat er im Verdacht, auf eine „Zeitgeist-Kirche“ hinzuarbeiten. Verständlich, daß von Gersdorff beim deutschen Episkopat nicht wohlgelitten ist. Unterstützung findet er eher in Rom bei Kardinälen wie Gerhard Ludwig Müller, Walter Brandmüller und Paul Josef Cordes. Und der Wiesbadener Demo hat der Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen seinen Segen erteilt.