© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 44/16 / 28. Oktober 2016

Ländersache
Gelber Fleck auf schwarzem Grund
Thorsten Brückner

Es war noch nicht mal knapp. Mit 63 zu 37 Prozent schlug FDP-Kandidat Alexander Putz seinen Stichwahlgegner von der CSU, den Landtagsabgeordneten Helmut Radlmeier, und wird ab kommendem Jahr neuer Chef im Landshuter Rathaus. Im vergangenen Jahr hatte der gebürtige Österreicher noch erfolglos für den FDP-Landesvorsitz kandidiert. 

Der 53jährige Bauingenieur, der im Landkreis Landshut wohnt, tritt die Nachfolge von CSU-Oberbürgermeister Hans Rampf an, der aus Altersgründen seinen Rathaussessel räumen muß. Putz ist der erste FDP-Oberbürgermeister einer kreisfreien bayerischen Stadt seit Kurt Scherzer, der von 1966 bis 1984 das mittelfränkische Fürth regierte.

Die Wahl sorgte bayernweit für Aufsehen. Vor allem weil sie ein weiterer Dämpfer für die kommunalpolitische Konsolidierung der CSU ist. Bayerns Großstädte sind seit jeher ein schwieriges Pflaster für die Christsozialen. In den beiden größten Städten München und Nürnberg  ist das Rathaus längst außer Reichweite. Bei der vergangenen Kommunalwahl 2014 ging dann auch noch die Universitätsstadt Erlangen verloren. Nur noch in zehn von 25 kreisfreien Städten besitzt der Oberbürgermeister ein CSU-Parteibuch. 

Die SPD regiert in elf Rathäusern. Und nun ausgerechnet die niederbayerische 70.000-Einwohner-Stadt, in der sich zwei Drittel der Bürger zum katholischen Glauben bekennen und die seit 1970 von der CSU regiert worden ist.  Den Wandel in der bayerischen Gesellschaft verdeutlicht auch, daß sich der zweifache Familienvater Putz im Wahlkampf selbst als Atheist bezeichnet hat. Ein Bekenntnis, das noch vor dreißig Jahren in jeder altbayerischen Stadt eine erfolgreiche Kandidatur verhindert hätte.

Obwohl ihm viele SPD- und Grünen-Wähler zum Sprung ins Rathaus verholfen haben, steht Putz keineswegs für einen sozialliberalen Kurs, wie ihn etwa die FDP in den Stadträten von Erlangen und Regensburg fährt. Einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft wie von Rot-Grün gefordert, erteilt er eine klare Absage. Die Burka gehört für ihn nicht nach Bayern. Mit der CSU-Stadtratsmehrheit setzt er auf eine gute Zusammenarbeit. 

Und obwohl er sein Ingenieurbüro für den OB-Job an den Nagel hängt, hat er bereits vor der Wahl verkündet, sich für eine Verkürzung seiner eigentlich sechsjährigen Amtszeit einzusetzen, um sich 2020 gleichzeitig mit dem Stadtrat zur Wiederwahl zu stellen. Für ihn einerseits ein persönliches Risiko, andererseits aber auch ein kluger Schachzug: Bei der vergangenen Stadtratswahl kam seine FDP auf klägliche 2,9 Prozent. Vom Oberbürgermeisterbonus können die Landshuter Liberalen nur profitieren. Putz’ Wahlkampf war ein Lehrstück, wie ein erfolgreicher Kommunalwahlkampf in Bayern funktioniert. Anstatt die großen Linien der Weltpolitik zu ziehen, konzentrierte sich der Pragmatiker Putz ganz auf die Probleme vor Ort. Seine Kernthemen: Verkehrspolitik und Stadtentwicklung. 

Die Asylfrage spielte eine untergeordnete Rolle. Will die AfD im Freistaat bei der Landtagswahl 2018 und der Kommunalwahl 2020 irgend etwas reißen, wäre sie gut beraten, sich diese Strategie bei Putz abzuschauen. Auf kommunalpolitische Konzepte der „Alternative“ warten die Franken, Schwaben und Altbayern nämlich bisher vergeblich.