© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/16 / 21. Oktober 2016

DVD: Fritz Lang
Seelische Abgründe
Werner Olles

Er war einer der größten Regisseure der Filmgeschichte. Fritz Lang, 1890 in Wien geboren, gestaltete seine Stummfilme wie „Der müde Tod“ (1921), „Die Nibelungen“ (1924) und „Metropolis“ (1926) mit großartigen Bildkompositionen aus monumentalen Flächen und kühnen Linien, stilistisch und ästhetisch überreich an schönen Gemälden mit architektonischer Wucht. Aber er war nicht nur Bildlyriker und expressionistischer Utopist. 1931 inszenierte er den unheimlichen Kriminalfilm „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“ (1931), der  eine Erfolgsserie von Thrillern einläutete. Den Stoff holt er sich aus dem Alltag, so schildert er in „M“ Abschnitte aus dem Leben des Düsseldorfer Lustmörders Peter Kürten mit beklemmender  Intensität.

In Gordian Mauggs „Fritz Lang“ (2016) reist der Meisterregisseur (Heino Ferch) nach Düsseldorf, um die Ermittlungen des Kriminologen Gennat (Thomas Thieme) über den Frauenmörder Kürten (Samuel Finzi), den „Vampir von Düsseldorf“, zu beobachten. Dem Perfektionisten geht es um psychologische Glaubwürdigkeit, er will einen Film machen, dessen nervenzerreißende Spannung das Publikum fesselt. Doch die Arbeit an dem Stoff für seinen ersten Tonfilm – Maugg inszeniert sie als Mischung aus Legende und Fakten – legt bei Lang eigene seelische Abgründe frei. Die fremde Umgebung verschmilzt zusehends mit phantastischen und allegorischen Momenten. Ist der Serienmörder Kürten Langs Alter ego?

Tatsächlich kam es im September 1920 zu einem tragischen Fall, als Langs Frau Elisabeth ihren Mann und dessen Geliebte in flagranti erwischte. Bei dem Streit stirbt Elisabeth durch einen Schuß aus Langs Offizierspistole. Die Polizei spricht von einem Unglücksfall, die Presse von Selbstmord.

Maugg gelingen sensationelle dokumentarische Einschübe mit Originalaufnahmen aus Wochenschauen der 1920er und 1930er Jahre, den Straßenschlachten zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten, dem Elend der Arbeitslosen und Kinder. Überaus spannend schildert Maugg die Entstehung des Meisterwerks „M“ und porträtiert gleichzeitig einen Ausnahmeregisseur, der sich seinen Dämonen stellen muß und dennoch zu den Unvergeßlichen jener künstlerisch glanzvollen Epoche zählt.

DVD/Blu-ray: Fritz Lang. Lighthouse Home Entertainment 2016, Laufzeit 100 Minuten