© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/16 / 21. Oktober 2016

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler


Es ist das mit Abstand größte, schwerste und teuerste Buch, das auf der Messe in Frankfurt am Main angepriesen wird: der im Taschen-Verlag erscheinende Kunstband „David Hockney: A Bigger Book“. Er wiegt 35 Kilo, ist aufgeschlagen annähernd zwei Meter und kostet satte 2.000 Euro. Limitiert auf 9.000 signierte Exemplare und ausgeliefert mit einem eigens entworfenen Buchständer, zeigt der Bildband umfassend das Werk des britischen Malers (79), darunter die berühmte Swimmingpool-Serie aus den 1960er Jahren, Porträts, Landschaftsbilder, Fotografien, Collagen, Bühnenbilder für die Mailänder Scala und die Metropolitan Opera in New York bis hin zu seinen jüngsten iPad-Zeichnungen. Um vermögende Kunden braucht sich der Verlag wohl kaum zu sorgen: Auf seiner Internetseite listet er zahlreiche hochpreisige Kunstbände auf, von denen nur noch wenige Restexemplare vorrätig sind oder komplett ausverkauft.


Einen bestimmten Dreßcode für den Opernbesuch gibt es schon lange nicht mehr. So kontrastiert die hochbetagte Dame in ihrem paillettenbesetzten Abendkleid, die auch bei dieser „Parsifal“-Aufführung vergangenen Sonntag in der Deutschen Oper Berlin wieder in der ersten Reihe sitzt, scharf mit jenem Mann um die dreißig hinter mir im Rang, der T-Shirt, Jeans und schwarzweiß karierte, fellbesetzte Stoffpantoffeln trägt.


Ungewißheiten existieren für ihn nicht, seit Jahrzehnten hält der antideutsche Publizist Hermann L. Gremliza, Herausgeber der Monatszeitschrift Konkret, an seiner linksdogmatischen Weltanschauung fest, allerorten wittert er hierzulande „Antisemiten“, „Rassisten“, „Nazis“ am Werk. Bücher von ihm sind bislang vornehmlich in seinem hauseigenen Verlag erschienen. Mit seinem jüngsten Sammelband, „Haupt- und Nebensätze“, ist Gremliza nun jedoch in einem großen Publikumsverlag gelandet – bei Suhrkamp. Wie das? Nun, womöglich hat ihm sein kommunistischer Gesinnungsgenosse Dietmar Dath die Tür dazu aufgestoßen; der FAZ-Feuilletonist und Suhrkamp-Autor gehört dem Beirat der Edition Unseld an. Vorgestellt hat Gremliza sein Buch mit „Gedanken aus den letzten zwei Jahrzehnten“ übrigens ausgerechnet am Tag der Deutschen Einheit im Hamburger Kabarett „Politbüro“ unter dem sprechenden Titel „Scheiß Deutschland“.


David Hockney, zitiert im Spiegel vom 8. Oktober: „Die meiste Kunst wird einfach vergessen. Das ist richtig so, sonst würden wir bis zum Hals in Schrott und Mist stecken.“