© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/16 / 14. Oktober 2016

Kommunisten brillierten nur als schlechte Verlierer
Vor 70 Jahren fanden die ersten Berliner Wahlen nach Ende des Zweiten Weltkriegs statt
Matthias Bath

Die Berliner Wahlen vom 20. Oktober 1946 beendeten die seit Kriegsende in der Stadt bestehende kommunistische Dominanz. Mit dem Fall Berlins am 2. Mai 1945 hatte die aus Moskau eingeflogene Gruppe kommunistischer Emigranten unter Führung des Berliner KPD- Chefs vor 1933, Walter Ulbricht, mit dem Aufbau einer deutschen Zivilverwaltung in Berlin begonnen. Ulbricht hatte dafür das Motto ausgegeben: „Es muß alles demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben.“ Viel Zeit blieb ihnen aber dafür nicht, denn ab Juli 1945 sollten die Westmächte ihre Sektoren in Berlin übernehmen.

Bereits am 17. Mai konstituierte sich der von den Sowjets eingesetzte Magistrat unter Oberbürgermeister Arthur Werner, einem Bauingenieur ohne jegliche politische Erfahrung. Drei seiner vier Stellvertreter hatten vor 1933 der KPD angehört, was auch für fünf der 15 Stadträte galt. Nachdem die Sowjets noch im Juni die Gründung von Parteien zugelassen hatten, schlossen sich diese am 14. Juli 1945 auf Betreiben der KPD zu einem „Antifaschistischen Block“ zusammen. Damit stand das gesamte politische Leben in Berlin im Sommer 1945 weitgehend unter kommunistischer Kontrolle.

SED ging nur als drittstärkste Kraft hervor

Als die Westmächte im Juli nach Berlin kamen, fanden sie eine im wesentlichen bereits kommunistisch beherrschte deutsche Verwaltung vor. Angesichts des Beschlusses, alle von den Sowjets bislang erlassenen Anordnungen in Kraft zu lassen, vermochten die Westmächte selbst in ihren Sektoren dem kommunistischen Einfluß zunächst nur sehr behutsam entgegenzuwirken. Hinzu kam, daß sie gegenüber den besiegten Deutschen den Eindruck von der Eintracht der Siegermächte so lange wie möglich aufrechterhalten wollten.

Diese Eintracht scheiterte bereits im Winter 1945/46, als die Sowjets und die KPD versuchten, die SPD durch die Vereinigung mit der KPD als eigenständigen politischen Faktor und Konkurrentin bei künftigen Wahlen auszuschalten. Es gelang der Berliner SPD mit Hilfe der Westmächte und nach einer nur in den Westsektoren möglichen Urabstimmung, ihre Selb- ständigkeit zu behaupten, während im sowjetischen Machtbereich SPD und KPD zur SED verschmolzen wurden. 

Der danach von den Alliierten gefundene Kompromiß sah die Neuzulassung der SED, aber auch den Fortbestand der SPD für alle Sektoren Berlins vor. Mit dem Fortbestand einer eigenständigen, freiheitlichen SPD war aber die auf dem Allparteienkonsens beruhende Dominanz der KPD/SED im politischen Leben Berlins nicht mehr gegeben.

Am 25. Juli 1946 ordnete die Alliierte Kommandantur Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung und den Bezirksverordnetenversammlungen für den 20. Oktober an. Der ab August einsetzende Wahlkampf wurde äußerst erbittert geführt, wobei sich die SED auf die massive Unterstützung der Sowjets stützen konnte. Viele Berliner nahmen die SED dementsprechend vor allem als Werkzeug der sowjetischen Besatzungsmacht wahr. Dies und die Erinnerung an die traumatischen Umstände samt massiver Plünderungen, zahlreichen Vergewaltigungen und Ermordungen von Zivilisten bei der Eroberung Berlins durch die Rote Armee im April/Mai 1945 begründeten aber eine weitverbreitete Abneigung gegenüber der SED. 

Das spiegelte auch das Wahlergebnis wider. Die SED wurde nach SPD und CDU mit knapp 20 Prozent der Stimmen nur drittstärkste Partei. Die SPD wurde auch in allen Bezirken des Ostsektors stärkste Partei, was zunächst in ganz Berlin die Chance zur Zurückdrängung kommunistischer Machtpositionen und zur Schaffung demokratischer Verhältnisse zu bieten schien. Tasächlich gelang dies bis 1948 aber nur in den Westsektoren, während sich die im Ostsektor 1945 entstandenen Strukturen angesichts des Verhaltens der Sowjets nicht mehr grundlegend ändern ließen.

Die Wahl des neuen Magistrats erfolgte am 5. Dezember 1946. Oberbürgermeister wurde der bisherige Bürgermeister von Wilmersdorf Otto Ostrowski (SPD). Bürgermeister wurden Ferdinand Friedensburg (CDU), Heinrich Acker (SED) und die SPD-Politikerin Louise Schroeder. Von den 14 Stadträten gehörten sieben der SPD, drei der CDU und jeweils zwei der SED und der LDP an.

Die Kommunisten erwiesen sich als schlechte Verlierer und räumten ihre Positionen erst nach tagelangem Hin und Her. Die neuen Magistratsmitglieder mußten sich über verschwundene Dienstwagen und leergeräumte Büros ärgern, bevor sie Mitte Dezember 1946 ihre Arbeit aufnehmen konnten. Die Auswirkungen dieses Machtwechsels reichten bis zur Behauptung des freiheitlichen Teils Berlins nach 1948 mit der sowjetischen Blockade der Westsektoren. Die Spaltung Berlins und der Verlust des Ostsektors, der danach die Entwicklung der Sowjetischen Besatzungszone teilte, konnte dann auch adminstrativ erst mit der Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin am 2. Dezember 1990 überwunden werden.