© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/16 / 07. Oktober 2016

„Die größte Blase aller Zeiten“
Finanzmarkt: Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) warnt in ihrem Quartalsbericht vor einer Finanzkrise in China
Peter Schönfeld

Es sei die „biggest bubble in history“, warnte vorige Woche Wang Jianlin, Ex-Offizier und seit 1993 Chef des Mischkonzerns Wanda Group. Und wenn der durch Immobiliengeschäfte zum reichsten Mann China aufgestiegene 61jährige Kommunist dies im US-Sender CNN Money sagt, dann könnte die Häuserpreisblase im Reich der Mitte tatsächlich vor dem Platzen stehen.

Auch die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) warnt in ihrem Quartalsbericht: China steht vor einer Finanzkrise. Laut BIZ weiche das chinesische Kreditwachstum deutlich vom langfristigen Trend ab. Inzwischen liege es dreifach über dem Wert, der nach Auffassung der Banker vor einer gefährlichen Entwicklung warnt. Chinas Kredite wuchsen in den vergangenen Monaten stärker als die japanischen vor der Asienkrise 1997/98 oder die US-Hypotheken vor der Immobilienkrise 2007.

Bereits im Juni hatte der Währungsfonds IWF deutlich vor dieser Schuldenlast gewarnt und der chinesischen Regierung zu Interventionen geraten. Denn immer schwerer fällt es dieser, ihre Schulden zu bedienen und die Zinsen zu zahlen. Die BIZ kommt angesichts der Lage in China zu der Erkenntnis, daß die Zentralbanken weltweit einen zu großen Einfluß auf die Kapitalmärkte ausüben. Auch die Kursschwankungen nach der jüngsten Ratssitzung der EZB hätten dies deutlich gemacht, so BIZ-Chefvolkswirt Claudio Borio.

Doch wie konnte es so weit kommen?

Doch er sieht trotz aller Gefahren weder bei der EZB noch bei der US-Fed den Mut zur Umkehr. Zu tief in Rettungsmaßnahmen verstrickt, scheint das Geldsystem nunmehr zu fragil, um eine Wende ohne Krisenszenario vornehmen zu können. Finanzanalyst John Mauldin warnte schon 2014 in seinem Buch „The Endgame“, daß China noch abhängiger vom Gelddrucken sei als die USA und Japan. Eine besondere Rolle spielten dabei hoch verzinste Kredite (JF 18/15). Auf mehr als das Doppelte des chinesischen Bruttoinlandsproduktes (BIP) schätzen Experten mittlerweile den „Wert“ dieser Kredite, die aufgrund ihrer geringen Laufzeit schnell zu beinharten Solvenzkrisen führen können.

Wichtige Nachfrager dieser hochriskanten Kredite sind die lokalen Regierungen, aber auch Banken und Privatleute, die sich im Schattenbankensystem kurzfristig Geld zu aberwitzigen Konditionen leihen müssen. Auf 3,4 Billionen US-Dollar soll sich nach einer Studie der Schweizer Bank UBS das Volumen des informellen Kreditmarktes in China aufgebläht haben. Laut Bloomberg stieg die Quote der Kredite von Firmen und Privaten im Verhältnis zum chinesischen BIP 2015 auf den Rekordwert von 209 Prozent. Zur Rekapitalisierung einiger Banken, die giftige Kredite in Milliardenhöhe abschreiben mußten, wurde schon der chinesische Staatsfonds angezapft. Eine weitere Finanzspritze folgte Ende 2014, als die Zentralbank regionalen und überregionalen Finanzinstituten 32,7 Milliarden US-Dollar gönnte, um einmal mehr das Vertrauen an den Finanzmärkten zu stärken. 

Insgesamt stieg der Gesamtbetrag der Schulden der chinesischen Lokalregierungen zwischen 2011 und 2014 um 63 Prozent und damit sehr viel schneller als das Wachstum der Wirtschaft in Höhe von 40 Prozent. Die UBS analysierte nach Bekanntgabe dieser Zahlen, daß die Gesamtverschuldung des Staates und der Lokalregierungen zwar noch tragbar, das Tempo der Zunahme der Schulden in den vergangenen Jahren allerdings besorgniserregend sei. In China wurde damit ein brandgefährlicher Schuldencocktail gemischt. Das Platzen dieser Kreditblase hätte verheerende Auswirkungen auf den globalen Finanzmarkt.

BIZ-Quartalsbericht vom September 2016:  www.bis.org/