© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/16 / 07. Oktober 2016

Aufgeschnappt
Totalitäre Therapien
Matthias Bäkermann

Mit etwas Verspätung schaltete sich auch der Schriftsteller Christian Seidel in die Debatte ein: „Sexismus wie bei Jenna Behrends ist weit verbreitet“, klärte der Autor des Bestsellers „Die Frau in mir“ vergangenen Donnerstag bei Radio Bremen die Hörer auf. Denn für die Recherche zu seinem aktuellen Buch habe er 700 Zuschriften erwerbstätiger Frauen ausgewertet und diverse Gleichstellungsbeauftragte befragt, die nicht nur böse Schmähungen wie die Berliner CDU-Politikerin („Große Maus“) erleiden mußten, sondern – noch schlimmer – über die sexistische „Behinderung von beruflichen Kontakten“ klagten. Denn anders als Männer könnten sie meist nicht abends beim Glas Wein über Geschäftliches reden, ohne daß dies gleich als Flirt mißdeutet würde.

Weil „männlichen Berufstätigen“ diese frevelhafte Zurücksetzung oft nicht bewußt sei, fordert Seidel gegen ihr „automatisiertes sexistisches Verhalten“ gar totalitär anmutende Umerziehungskurse. „Solche Typen sollten per Verordnung in Gleichstellungstherapien geschickt werden und ihr diesbezügliches Verhalten anschließend von Frauen bewertet werden“, nordkoreanerte der Feminist durch den Äther, „erst dann sollte beurteilt werden, ob solche Männer für unsere heutige, gleichgestellte Arbeitswelt tauglich sind.“