© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 40/16 / 30. September 2016

Leserbriefe

Zu: „Volksparteien ohne Volk“ von Dieter Stein, JF 39/16

Wir schulden den Fremden nichts

Frau Merkels neuerliche Sprachkosmetik ändert nichts an der von ihr verschuldeten Misere. Weder müssen nunmehr die illegalen Zuwanderer unser Land räumen, noch wird die über das Mittelmeer neu anrollende Welle gestoppt. Frankreich und England, seit jeher maßgebend bei Menschenrechten und Demokratie, wollen maximal 30.000 beziehungsweise 20.000 Migranten aufnehmen. Deutschland hat nach diesem Maßstab mit der Aufnahme von weit über einer Million Zuwanderern sein humanitäres Soll bereits für die nächsten 40 bis 50 Jahre erfüllt. Die Väter des Grundgesetzes wollten mit Sicherheit nicht den gigantischen Mißbrauch von Artikel 16a GG zum Schaden ihres Landes, weshalb dessen Bestimmungen  zu streichen oder zu modifizieren sind. 

Wir brauchen diese Fremden nicht. Angesichts von 2,58 Millionen Arbeitslosen, Millionen von prekären Arbeitsverhältnissen, baufälligen Schulen, maroden Straßen und Brücken, problematischer Alters- und Krankenversorgung ist die Frage der Priorität zu stellen. Wer hat Vorrang, wir oder die? Die auf einmal hervorgezauberten Milliardensummen haben wir, die Steuerzahler, aufgebracht. Darum ist dieses Geld für unsere Zukunft aufzuwenden, nicht für Rundum-Wohlfühl-Pakete von Asylbewerbern. Wir schulden den Fremden nichts. Wir sind nicht verantwortlich für das Elend der Dritten Welt, ausgelöst vor allem von der Unfähigkeit der dortigen „Eliten“, von Korruption und Tribalismus. Die blutige Instabilität von Staaten im Vorderen Orient, Afrika und Asien haben die alten Kolonialmächte und die neuen Großmächte zu verantworten. Es ist auch nicht unsere Aufgabe, die Folgen der Bevölkerungsexplosion in der Drittten Welt aufzufangen. Erinnert sei zudem an die jahrzehntelangen Zahlungen in das Faß ohne Boden namens Entwicklungshilfe. 

Auch ist der Begriff „Integration“ zu hinterfragen. Nötig ist Loyalität, also absolute Solidarität und Verbundenheit mit einem Staat und seiner Gemeinschaft, ungeachtet jeder früheren Prägung.

ADolf Frerk, Geldern






Zu: „Die Infantilisierung ist gewollt“ von Thorsten Hinz, JF 39/16

Geburtsstunde Nachkriegszeit

Die Infantilisierung der Gesellschaft ist auch eine Folge der in den Schulen nicht behandelten jüngeren Geschichte der Nachkriegszeit. So wissen nur wenige Ältere etwas über das Zustandekommen zum Beispiel der aus Amerika kommenden Political Correctness, welche die Deutungshoheit über den vormals christlich-konservativ-patriotischen Wertekanon errang. Verantwortlich ist auch der Bau von Massenuniversitäten, die ein akademisches Proletariat erzeugen. Zudem wurde durch die Achtundsechziger sukzessive die Gewaltenteilung ausgehöhlt.

Jürgen Vogt, Weyhe






Zu: „Die Trommel schlug zum Streite“ von Michael Paulwitz, JF 38/16

Skandalöses Verhalten bis heute

Seit den späten 1940er Jahren spendet meine Familie für den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge in der Hoffnung auf Umbettung unseres im Dezember 1943 in Ostrowo (Sowjetunion / Rußland) im Alter von 36 Jahren gefallenen Vaters Rudolf Heinz und unseres im Mai 1945 in Neustadt (Oberschlesien) in unserer Wohnung ermordeten 17jährigen Vetters Paul Koske, der noch eine Wehrmachtsuniform trug. Mein Vetter wurde unter polnischem Zwang in Gegenwart bewaffneter polnischer Miliz in einen Bombentrichter unmittelbar an unserer Pfarrkirche „St. Michael“ geworfen. Mit meinem Vetter liegt dort ein weiterer deutscher Soldat, vermutlich unser damals etwa 35jähriger Nachbar Düring. Der Versuch unserer Familie – der 77jährigen Großmutter, meiner 10jährigen Schwester und mir (im 12. Lebensjahr) –, unseren Vetter, Großmutters Enkel, auf dem Friedhof zu beerdigen, wurde mit Waffengewalt brutal verhindert. 

Wegen der großen Hitze im Mai/Juni 1945 setzte sehr früh die Verwesung der Toten ein, doch der Bombentrichter wurde erst geschlossen, als er voller Leichen war. Dann wurden darüber Kalk gestreut und Trümmer geschüttet – das ist das letzte Bild unserer Toten, das mir geblieben ist und mich bis heute nicht verläßt. Es war und ist unerträglich! Außer den beiden Soldaten wurden Zivilisten hineingeworfen, darunter eine Großmutter mit Tochter und zwei Enkelinnen im Alter von vier und zwei Jahren. 

In zahllosen Schriftwechseln und Telefonaten mit dem Volksbund (Sachbearbeitern, polnischer Dolmetscherin, Generalsekretär, Präsident, Ausgrabungsleiter) wurden meinem inzwischen verstorbenen Bruder Gerhard Heinz, der sich von Anbeginn um die Umbettung unserer Familienangehörigen bemühte, nur leere Versrpechungen gemacht. Auch ein Schreiben an den Bundespräsidenten, als Schirmherr des Volksbundes, vor einigen Jahren blieb bis heute unbeantwortet. Ein Volksbundmitarbeiter nannte mir als Grund für die bisher nicht erfolgten Umbettungen aus dem Bombentrichter in Neustadt den Widerstand der polnischen Seite, die unbedingt die Öffnung verhindern wolle, weil die Öffentlichkeit nichts über die Grausamkeiten gegenüber der Neustädter Bevölkerung erfahren soll, zumal auch Kleinkinder Opfer geworden waren. Doch dies ist noch nicht alles. 

Anläßlich der Feierlichkeiten zur Heiligsprechung des polnischen Papstes Johannes Paul II. wurde der Kirchvorplatz, auf dem sich der Bombentrichter befindet, neu plattiert und eine überlebensgroße Bronzestatue des Papstes aufgestellt. Die Feierlichkeiten fanden direkt über unseren Toten statt! Unmittelbar vor der Kirche, in der unser Vetter getauft worden und zur Erstkommunion gegangen war, wo er gefirmt wurde, Ministrant war, und wo auch seine Eltern geheiratet hatten. Die Mutter meines dort liegenden Vetters mußte diese Brutalität des polnischen Klerus nicht mehr erleben, sie starb mit 94 Jahren. Bundespräsident Gauck als Schirmherr ist hier nach wie vor gefordert, da die Verantwortlichen des Volksbundes ihrer Aufgabe nicht nachkommen.

Günter Heinz, Mülheim






Zum Lesereinspruch: „Sicher instinktlos“ von Wolfgang H. Staats, JF 38/16

Grenzsicherung vor Invasoren

Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen. Ulbrichts Mauer wurde geschaffen, um Landeskinder einzusperren. Sichere Grenzen hingegen sollen Landeskinder schützen, und zwar vor Invasoren, die, als Flüchtlinge getarnt, in unser Land einströmen und das auch weiterhin tun werden, wenn nicht sofort Einhalt geboten wird.

Dr. Dieter Wahl, Dresden






Zu: „Hamburgs Inferno brachte die Wende“ von Oliver Busch, JF 37/16

Unvergeßliches Dröhnen

Als Zeitzeugin (ich war bei Kriegsende 9 Jahre) erinnere ich mich noch an sehr viel. Doch einer angeblichen „Wende“ durch das Bombeninferno bei den Deutschen muß ich widersprechen. Zudem: Wer niemals selbst ein herannahendes Geschwader vollgeladener Bombenflieger am Himmel erlebt hat, der weiß nicht, wie dieses gewalttige Dröhnen die tiefsten Magengruben aufwühlt und vibrieren läßt. Dies läßt sich nicht Jahrzehnte später nachspüren.

Hannelore Matz-Pranckel, Hamburg






Zu: „Graben verboten“ von Paul Leonhard, JF 37/16

Vor der Energiewende verbeugt

Der Schlußsatz, dem zufolge die Sanierung des DDR-Uranbergbaus „anschaulich“ zeige, „daß die Kosten der Atomenergie höher sind als ihre Befürworter zugeben wollen“, erscheint eher eine Verbeugung vor der Energiewende-Euphorie zu sein als ein sachdienlicher Hinweis. 

Zu bedenken wäre, daß die Sowjet­union als Verursacher und Nutznießer des Abbaus kaum Rücklagen für die Renaturierung angesammelt haben dürfte, wie sie zum Beipsiel im deutschen Braunkohletagebau üblich sind. Zumal der Abbau der Wismut in erster Linie der sowjetischen Kernwaffenproduktion diente, ist der Bezug zur westdeutschen Kernenergienutzung ungeeignet. Es handelt sich hier um Kriegsfolgelasten oder Kosten der deutschen Einheit, die nicht für eine vorurteilsfreie Kernenergiediskussion – so man bei uns von einer solchen überhaupt noch sprechen kann – herangezogen werden sollten. 

Ein weiterer Aspekt der Kernenergiekosten-Diskussion ist, daß die Rückbaukosten der stillgelegten und noch stillzulegenden westdeutschen KKW den im Jahr 2011 enteigneten Envergieversorgungsunternehmen (EVU) am liebsten voll zugerechnet werden, so als ob diese über die vertraglich zugesicherten Kraftwerkslaufzeiten die Summen hätten voll verdienen können, die nach den Verträgen dem Rückbau dienen sollten. Man darf aber die Kuh nicht schlachten, die man melken will. Ja, der Rückbau ist teuer, aber die EVU haben sich nicht nur viele Jahre die Taschen gefüllt, sondern ihren Stromkunden ebenso lange preiswerte und vor allem sichere Energie geliefert. Die Versorgungssicherheit wird heute leichtfertig einem gigantischen Experiment geopfert.

Dr. Wilfried Jacobi, Bad Sassendorf






Zum Lesereinspruch: „Wütender Egomane“ von Klaus Elmar Müller, JF 37/16

Beckmesserisch, historisch falsch

Die hier geäußerte Auffassung über Luther entbehrt jeder historischen Grundlage, sie ist reine Beckmesserei. Die von Martin Luther als Lebenswerk erreichte Reformation wirkte als eine reinigende Kraft auf dem Weg der Säkularisierung der christlichen Religionsausübung. 

Auf dem Höhepunkt der päpstlichen Despotie schuf Innozenz III. die Priesterherrschaft mit den Unterdrückungsinstrumentarien Kirchenbann, Interdikt, Inquisition. Bis zu Beginn des 16. Jahrhunderts starben alleine in Spanien 100.000 Menschen auf Scheiterhaufen! Der Schrecken breitete sich aus über Portugal, Frankreich, Italien, England bis nach Deutschland. Die Inquisition war Ausdruck christlich-religiösen Wahns, dem auch die Juden Europas zum Opfer fielen. Der religiös motivierte Judenhaß war Ausdruck mittelalterlichen Denkens unter geistiger Führung der päpstlichen Tyrannei. Natürlich war auch Luther als im mittelalterlichen Denken befangener Christ im Zeitgeist gegen die Juden eingestellt. Aber von Luther ging keine Intitiative – wie vom Papstum – gegen jüdische Menschen aus. 

Es ist historisch falsch, dem mittelalterlichen Zeitgeist geschuldete, weit- und allgemein verbreitete Zitate über die ungelittenen in Parallelgesellschaften lebenden Juden mehr als 500 Jahre später mit dem nationalsozialistischen Antisemitismus gleichzusetzen.

Heinrich Peter Dietz, Swissttal






Zu: „Polens Kampf“ von Stefan Scheil, JF 36/16

Manipuliertes Geschichtsbild

Polen wurde vor 77 Jahren nicht „überfallen“, sondern angegriffen, da Deutschland keine Möglichkeit mehr gesehen hatte, den deutsch-polnischen Konflikt in der Danzig- und Korridorfrage friedlich zu lösen. Diesbezüglich hatte die deutsche Führung der polnischen Regierung wiederholt entgegenkommende Vorschläge unterbreitet, die jedoch allesamt abgelehnt wurden. Mit dem Einmarsch wollten die deutschen Truppen außerdem die zahlreichen Gewaltakte der Polen, denen letztlich Tausende von Deutschen zum Opfer fielen, stoppen. Hier sei nur an den „Blutsonntag von Bromberg“ erinnert und an die vielen vorangegangenen Ausschreitungen und Provokationen der Polen gegenüber der deutschen Volksgruppe. 

Zudem traf der deutsche Angriff kein ach so friedfertiges Polen, wie immer suggeriert wird, sondern ein zum Krieg entschlossenes Land. Denn Polen bereitete sich auf eine kriegerische Auseinandersetzung mit Deutschland planmäßig vor (Teilmobilmachung vom 23. März 1939 und Generalmobilmachung vom 30. August 1939). Mit der britischen Garantieerklärung vom 31. März 1939 und dem Beistandsabkommen vom 25. August 1939 im Rücken glaubte sich Polen in der Lage, die deutschen Friedensbemühungen torpedieren und einen Marsch nach Berlin („Marsz na Berlin!“) riskieren zu können. Wie stark die Kriegsstimmung in Polen war, beschrieb der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki in seiner Autobiographie „Mein Leben“ (München 2000, Seite 169) wie folgt:  „Die Nachricht vom deutschen Überfall auf Polen haben wir (...) mit Erleichterung, mit befreitem Aufatmen zur Kenntnis genommen. Und als am 3. September Frankreich und Großbritannien Deutschland den Krieg erklärten, konnte sich das Volk vor lauter Glück kaum beherrschen. Die Stimmung war – und nicht nur in Warschau – enthusiastisch.“

Günter Zemella, Schwäbisch Hall






Zu: „Er war deutscher als alle anderen“ von Jens Knorr, JF 33/16

Enttäuschende Lektüre

Auf Ihre durchweg positive Besprechung hin legte ich mir die Pfitzner-Biographie aus dem Pustet-Verlag zu – und war bei der Lektüre enttäuscht und sehr verärgert. Für mich ist Pfitzner – nach Gustav Mahler – der bedeutendste Komponist des 20. Jahrhunderts. Die Biographie dagegen wirkt über weite Teile hinweg – abgesehen von den rein biographischen und musikwissenschaftlichen Daten – wie ein antideutsches Pamphlet, voller Gehässigkeiten und Ressentiments. Dies gilt auch für Seite 62 der Biographie, wo Pfitzner „nationalistische Radikalisierung“ unterstellt wird, weil dieser sich über die englische Kriegspropaganda im Ersten Weltkrieg empörte. 

Eine beachtliche Felleistung ist Pfitzner allerdings doch zu unterstellen: seine Schrift „Futuristengefahr“. Darin meinte er, vor der musikalischen Avantgarde warnen zu müssen, die er vor allem in Busoni verkörpert sah – völlig ausblendend, daß er selbst wesentlich avantgardistischer, also progressiver komponierte als jener Busoni, der sich zwar als „Futuristen“ bezeichnete, aber in seinem Musikstil erstaunlich konventionell-bieder war.

Dr. med. Klaus Pillhatsch, Regensburg