© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 40/16 / 30. September 2016

US-Notenbank hält Zinsen weiterhin unverändert niedrig
Alles auf Kosten der Sparer
Thorsten Polleit

Der US-Leitzins ist zu niedrig, wenn man traditionelle Beurteilungskriterien anlegt. Doch die amerikanische Zentralbank zögert, die Zinsspanne von 0,25 bis 0,5 Prozent anzuheben. Die Fed befürchtet Bremsspuren in der schuldenfinanzierten US-Konjunktur und Kursverluste in den Aktienmärkten. Sorge bereiten den Geldpolitikern auch die weltweiten Folgen, die ein Anziehen der US-Zinsen hätte. Es käme zu einem Kapitalzufluß in den US-Dollar, die internationale Liquidität würde sich verknappen. Klamme Schuldner in anderen Volkswirtschaften würde das ins Wanken bringen. 

Auf ihrer jüngsten Sitzung hat die Fed allerdings angedeutet, den Zins 2017 vielleicht doch anzuheben. Ihre nächsten Entscheide fallen vier Tage vor der Präsidentschaftswahl am 8. November und am 14. Dezember. Wie dann die wirtschaftliche und politische Lage in den USA aussieht, weiß niemand, doch eines steht fest: Eine Rückkehr zu „normalen“ Zinshöhen ist unwahrscheinlich. Die hohe Verschuldung von Staaten, Banken und Privaten – nicht nur in Amerika, sondern auch anderswo auf der Welt – zwingt die Fed und das gesamte weltweite Kartell der Zentralbanken, die Zinsen künstlich niedrig zu halten.

Die Zinserhöhungen, über die die Fed nachdenkt, werden daher allenfalls kosmetischer Natur sein. Warum dann überhaupt das Gerede über künftig steigende Leitzinsen? Nun, die Geschäftsbanken können Null- oder gar Negativzinsen dauerhaft nicht überleben; Null- und Negativzinsen sind ihr sicherer Tod. 

Die Fed – die natürlich vor allem den Interessen des Bankenapparates dient – will daher die Kurzfristzinsen über die Nullinie bugsieren und gleichzeitig sicherstellen, daß die Langfristzinsen oberhalb der Kurzfristzinsen verharren. Denn das erlaubt den Banken, sich zu gesunden. Sie können Gewinne machen, indem sie langfristige Kredite mit kurzlaufenden Mitteln refinanzieren. Fed, EZB, Bank of England & Co. liebäugeln jedoch mit noch etwas: der Entwertung der Schulden, indem der Realzins – also Nominalzins abzüglich Inflation – negativ gemacht wird.

Dazu könnten die nominalen Langfristzinsen auf beispielsweise zwei Prozent fixiert werden. Gleichzeitig pumpen die Zentralbanken so viel neues Geld in Umlauf, daß die Inflation auf vier Prozent steigt und der Realzins folglich auf minus zwei Prozent fällt. Schuldner werden so bessergestellt – auf Kosten der Sparer. 

Japan hat am 21. September mit diesem „neuen Experiment“ begonnen. Die EZB wird ihr vermutlich bald folgen. Und spätestens dann, wenn auch die Fed zur Tat schreitet, wird es so gut wie keine staatliche Währung, keine festverzinslichen Papiere und keine Bankdepositen mehr geben, mit denen der Sparer keine Verluste erleidet.






Prof. Dr. Thorsten Polleit ist Präsident des Ludwig von Mises Instituts Deutschland.

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