© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 40/16 / 30. September 2016

Brüder, reicht die Hand zum Bunde
Studentenverbindungen: Am Wochenende gründet sich ein neuer burschenschaftlicher Dachverband / Folge der Spaltung der Deutschen Burschenschaft
Christian Vollradt

Die Wahl des Ortes offenbart den Wunsch nach Kontinuität, nach dem Anknüpfen an Traditionen, selbst wenn es formal um eine Neugründung geht: Am kommenden Wochenende treffen sich in Jena, wo 1815 die Urburschenschaft gegründet worden war, Vertreter von 27 Studentenverbindungen, um sich zur Allgemeinen Deutschen Burschenschaft (ADB) zusammenzuschließen. 

In diesem nunmehr dritten burschenschaftlichen Dachverband sammeln sich hauptsächlich jene Bünde, die in der großen Austrittswelle der Jahre 2012 und 2013 die Deutsche Burschenschaft (DB) verlassen hatten (JF 21/13). Damals waren bereits länger schwelende interne Konflikte eskaliert; Verbindungen, die sich dem liberalen oder liberal-konservativen Flügel zurechneten, hatten eine zu starke Rechtsdrift der DB beklagt. Aufgehängt wurde der Vorwurf zum einen an der Debatte, wie eng das sogenannte Abstammungsprinzip ausgelegt werden muß, zum anderen an einer mangelnden Distanzierung beziehungsweise Sanktionierung von extremistischen Fehltritten einzelner Mitglieder. ?

Wappen, Wahlspruch („Ehre, Freiheit, Vaterland“), des neuen Verbands, die schwarzrotgoldene Fahne mit goldenem Eichenlaub unterscheiden sich nicht von denen der DB. Auch der sogenannte volkstumsbezogene Vaterlandsbegriff, der unabhängig von staatlichen Grenzen ist, findet sich in der Verfassung der ADB. Bewußt verzichtet hat man jedoch auf die Betonung der gemeinsamen Abstammung. Das deutsche Volk, so heißt es dort, sei „die Gemeinschaft derjenigen, die durch deutsche Sprache, Kultur und Wertvorstellungen verbunden sind und sich zur deutschen Geschichte und Tradition bekennen“.  

Bei der Frage, wer dazugehört, wolle man das persönliche Bekenntnis des Einzelnen in den Vordergrund rücken, betont ADB-Pressesprecher Michael Schmidt gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. „Klar ist aber auch, daß wir am Recht auf Heimat und an der ordnungspolitischen Rolle der Nation festhalten“, so Schmidt. 

Ein weiterer – formaler – Unterschied zur DB: Im neuen Verband bemißt sich bei der Generalversammlung die Anzahl der Stimmen pro Mitgliedsbund nach dessen personeller Stärke. Damit soll verhindert werden, daß kleine Bünde überproportional viel Einfluß nehmen können. Auch daß es keinen Rechtsausschuß gibt, ist den Erfahrungen mit der DB geschuldet. „Wir wollen weg von der Verlagerung in intransparente Gremien“, erläutert Pressesprecher Schmidt. Alle Entscheidungen soll der jährlich tagende „Generalkonvent“ fällen.

Jeder Mitgliedsbund muß nach alphabetischer Reihenfolge den Vorsitz im Verband übernehmen. „Ein Grundproblem der DB war immer die Passivität eines Großteils der Mitglieder. Dem wollen wir dadurch vorbeugen“, ergänzt Schmidt. 

Auf dem Programm der Verbandsgründung am Wochenende steht auch ein Symposium unter dem Motto „Deutschland 2030“, bei dem es unter anderem um die Situation der deutschen Universitäten, die Meinungsfreiheit oder ein drohendes Bargeldverbot geht. Referenten sind neben der früheren CDU-Bundestagsabgeordneten Vera Lengsfeld der ehemalige Berliner Wissenschaftssenator George Turner sowie der Soziologe Erich Weede von der Hayek-Stiftung.