© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 39/16 / 23. September 2016

Ein bißchen Frieden
AfD Baden-Württemberg: Die beiden zerstrittenen Fraktionen im Landtag haben sich wieder zusammengerauft / Meuthen erneut zum Vorsitzenden gewählt
Christian Vollradt

Die Weichen stehen auf Wiedervereinigung, doch ganz so schnell können die beiden AfD-Fraktionen ihre Spaltung noch nicht überwinden (JF 28/16). Aus formalen Gründen, sagt die Partei; aus fadenscheinigen, behaupten CDU, Grüne, SPD und FDP. Sie werfen der AfD vor, die Spaltung künstlich beizubehalten, um so noch das nötige Quorum von zwei Fraktionen für einen Untersuchungsausschuß zum Thema Linksextremismus zu erzielen. 

Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) hatte klargestellt, das Parlament sei keine Spielwiese, und für die Fusion eine Frist bis zum 28. September gesetzt. An diesem Tag tritt der Landtag erstmals nach der Sommerpause wieder zusammen. 

Diese Frist werde man wohl nicht einhalten können, gestand Jörg Meuthen im Gespräch mit der JUNGEN FREIHEIT. Grund dafür seien noch zu klärende Fragen bezüglich Satzung, Finanzen und dem Geschäftsverteilungsplan. Ein Problem: Löst sich eine der beiden Fraktionen auf und treten ihre Mitglieder der anderen bei, so besteht eine Rückzahlungspflicht für sämtliche Gegenstände, die der Landtag der Fraktion zur Verfügung gestellt hat, teilte eine Sprecherin des Landtags der jungen freiheit mit. Finanziell noch ungünstiger wäre es daher, wenn sich beide Fraktionen auflösten und eine ganz neue bildeten. 

Letztlich gehe es beim Ringen um das Prozedere der Vereinigung auch „um eine Frage der Ehre“, heißt es in Kreisen der Abgeordneten: Welche Fraktion gibt klein bei, welche kann bestehenbleiben? 

Fest steht: Der AfD-Bundes- und Landesvorsitzende Meuthen soll die künftige gemeinsame Fraktion wieder führen. Das hatten die 14 Mitglieder der ABW-Fraktion sowie die acht Abgeordneten, die Meuthen auf dem Höhepunkt der „Affäre Gedeon“ nicht gefolgt und in der AfD-Fraktion verblieben waren, vergangene Woche beim Abschluß ihrer Mediationsklausur beschlossen. Die Führung der wiedervereinigten Fraktion wird paritätisch besetzt: Aus Meuthens Gruppe stammen der künftige Fraktionsgeschäftsführer sowie einer der stellvertretenden Vorsitzenden, Rainer Podeswa. Die übrigen Stellvertreter, Bernd Gögel, Rüdiger Klos und Emil Sänze, sind aus der „alten“ AfD-Fraktion. 

Auf den ersten Blick hat der Parteichef den Machtkampf also gewonnen. Manche in der Partei sehen das skeptischer und dämpfen die Friedenshoffnungen. Letztlich sei nur eine Art Waffenstillstand erreicht worden. Im Hintergrund gingen die Machtkämpfe immer noch weiter. In Wahrheit sei der neue Fraktionsvorstand auch gar nicht so ausgewogen zwischen Meuthen-Gefolgsleuten und -Gegnern besetzt, wie er oberflächlich betrachtet erscheine. Vielleicht, mutmaßen einige Skeptiker, wäre ein „Showdown“ auf einem Sonderparteitag besser gewesen, um in einem offenen Kräftemessen zu entscheiden, welche Richtung die Mehrheit in der Partei einschlagen möchte.  

Unterdessen drohen der AfD offensichtlich keine Konsequenzen, sollte sie den 28. September verstreichen lassen. Hierbei handele es sich „um eine Erwartungshaltung“, keine Frist im juristischen Sinn, teilte die Landtagsverwaltung auf Anfrage der JF mit.