© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 38/16 / 16. September 2016

Den Abwärtstrend stoppen
Ukip: Nach dem Rückzug Nigel Farages ringt die Partei um dessen Nachfolge / Diane James in der Favoritenrolle
Josef Hämmerling

So paradox es klingt, der eigentliche Gewinner des Brexits könnte auch der große Verlierer des Brexits sein: nämlich die Ukip (United Kingdom Independence Party). Nach dem Rücktritt ihres charismatischen Vorsitzenden Nigel Farage ging es in Umfragen immer tiefer bergab. Ändern soll sich dies nach dem Parteitag am 15. September in Doncaster in der Grafschaft South Yorkshire. Dort wird ein neuer Vorsitzender gewählt – genauer eine neue Vorsitzende. 

Denn nach den neuesten Umfragen ist die Europaabgeordnete Diane James große Favoritin auf den Parteivorsitz. Eigentlich galt die stellvertretende Parteivorsitzende Suzanne Evans als Nachfolgerin Farages, dem sie auch sehr nahestand, wurde aber nach den innerparteilichen Differenzen für sechs Monate suspendiert und verlor damit ihr Wahlrecht.

James gilt ebenfalls als charismatisch, ist in der Partei aber nicht unumstritten. Zum Teil auch wegen ihrer widersprüchlichen Aussagen. Während sie den LGBT-Gruppen (Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender) versprach, deren Anliegen zu unterstützen und diese sogar ins Parteiprogramm aufnehmen zu wollen, klang das bei den Auftritten bei den starken christlichen Unterstützungsgruppen der Ukip anders: diesen  versprach sie Vorkehrungen dafür zu schaffen, daß christliche Belange in bezug auf gleichgeschlechtliche Ehen im Parteiprogramm erhalten bleiben. Auch die umstrittene Gewissensklausel, die Vorbehalte gegen diese Gruppen erlaubt, solle weiterhin gelten. Darüber hinaus müsste der christliche Glauben jederzeit Bestandteil der britischen Politik bleiben, so die 56jährige.

Insgesamt werden die Auseinandersetzungen um den Parteivorsitz in den Medien als „bösartige Stellvertreter-Kriege“ (Guardian) beschrieben. So wandte sich der stellvertretende Ukip-Vorsitzende Paul Nuttall gegen Bestrebungen James’, das immer öfter scharf kritisierte National Executive Committee, das die Ukip führt, abschaffen zu wollen und damit die Rolle des Parteivorsitzenden zu stärken. 

Das wäre ein „Anschlag auf die besten Leute in der Partei“. Und der walisische Parteivorsitzende Nathan Gill resümierte: „Es gibt definitiv mehr als zwei sich bekämpfende Fraktionen, es ist ein bißchen wie in Syrien.“ Es gehe bei den Kandidaten mehr um Personen als um die politische Ausrichtung der Partei. 

Da James aber von einem der führenden Sponsoren der Ukip, dem Unternehmer Arron Banks, der auch die „Leave EU“-Kampagne finanzierte, unterstützt wird, werden ihre Chancen auf den Parteivorsitz gegenüber ihren Konkurrenten Lisa Duffy, Bill Etheridge, Philip Broughton und Liz Jones deutlich höher eingeschätzt. Arron rief die Partei zur Geschlossenheit auf, da es aufgrund der politischen Turbulenzen auch in den anderen Parteien seiner Einschätzung nach bereits im Mai 2017 zu einer vorgezogenen Wahl in Großbritannien kommen könne. Politische Grabenkämpfe würden die Chancen der Ukip nur schwächen, so der Investmentunternehmer.