© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 38/16 / 16. September 2016

Asselborns Drohungen
Nichts gelernt
Thomas Fasbender

Ungarn, eine zähe Nation. Seit über tausend Jahren verteidigen die Magyaren ihre Identität, umringt von den europäischen Stämmen, lange Zeit bedroht von den Janitscharen des Sultans. Daß jetzt der Außenminister des Zwergstaats Luxemburg sie als Fremde in Europa brandmarkt, die die Werte des Kontinents nicht teilen, zeigt nur: Unsere Eliten haben gar nichts gelernt. Nichts. Nicht aus dem Brexit, nicht aus dem Aufschwung der Rechtsnationalen. Asselborn wartet gar nicht erst, bis die Völker von allein austreten, er setzt auf den prophylaktischen Rausschmiß. Geht’s nicht ein bißchen arroganter?

Hinter den Glasfassaden der Business Lounges wirkt es vielleicht peinlich, im 21. Jahrhundert noch Ungar sein zu wollen. Oder Deutscher. Oder Luxemburger. Von unten betrachtet sieht das schon anders aus. Die Perspektive entscheidet. Ein kleines, stets latent bedrohtes Volk weiß instinktiv, was Identität bedeutet. Daß sie gepflegt werden muß und geschützt. Ja, auch mit Grenzzäunen, die nebenbei der Sicherheit Europas und nicht zuletzt Deutschlands dienen. Minister Asselborn redet viel von „europäischen Werten“.  Aber wer verteidigt die in Zeiten unkontrollierter Migration? Die Ungarn, Slowenen, Kroaten, Serben und Mazedonier. Asselborns Drohungen sind überflüssig wie ein Kropf. Von den Grenzkontrollen auf dem Balkan profitiert hingegen die gesamte EU.