© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/16 / 09. September 2016

Die erfolgreiche Stimme der Trump-Fans
Onlinejournalismus: Das konservative US-Nachrichtenportal Breitbart will nach Europa expandieren
Manfred Friedrich

Als er vor vier Jahren im Alter von nur 43 Jahren überraschend an Herzversagen starb, dachten viele, es sei das Aus für das von ihm gegründete Medienimperium. Die Rede ist von Andrew Breitbart, politischer Aktivist und mit seiner Nachrichtenseite breitbart.com das inoffizielle Organ der Tea-Party-Bewegung in den USA. Der Tod ereilte ihn am 1. März während eines Spaziergangs in Los Angeles – wenige Tage vor dem geplanten Relaunch seiner Nachrichtenseite.

Seine Mission: Ein konservatives Gegenstück zur einseitig linksliberal gewordenen Onlinezeitung Huffington Post zu schaffen, die der als Adoptivsohn einer jüdischen Familie in Los Angeles aufgewachsene Breitbart einst gemeinsam mit Arianna Huffington gegründet hatte. Die Idee ging auf. Im Juli diesen Jahres haben nach Angaben von Breitbart News 31 Millionen Internetnutzer die Seite besucht. Daß Breitbart.com sich weiter zu einer Erfolgsgeschichte entwickeln würde, war in den Monaten nach Breitbarts Tod nicht absehbar. Zwar zeigten die Redakteure nach außen hin Geschlossenheit, intern aber brodelte es.

Der Richtungskampf, wie das politische und mediale Erbe von Breitbart am besten fortgesetzt werden sollte, dauerte bis März diesen Jahres. Der Streit entzündete sich an der 28jährigen Breitbart-Reporterin Michelle Fields, die von Trumps damaligem Wahlkampfleiter Corey Lewandowski am Rande einer Wahlkampfveranstaltung rüde am Arm gepackt wurde. Anstatt sich mit Fields zu solidarisieren, stellte sich die Breitbart-Führung auf die Seite Lewandowskis.

Bereits über Monate schwelte da der interne Streit über die Breitbart-Positionierung zu Trump. Ergebnis: Die Kräfte um Geschäftsführer Steve Bannon, der mittlerweile zum Nach-Nachfolger Lewandowskis aufgestiegen ist und Trumps Wahlkampf-Leitung übernommen hat, setzten sich durch. Fields, die vor Breitbart einige Monate beim konservativen Fox News Channel arbeitete, kündigte – und tauchte alsbald bei Huffington wieder auf. Mit ihr ging der leitende Redakteur Ben Shapiro, der der Frustration vieler konservativer Amerikaner Ausdruck verlieh, die die oft unkritische Unterstützung für Trump als konträr zum Erbe des Gründers empfanden.

Mit dem Front National gegen den Islamismus?

„Breitbart News hat unter der Führung von Steve Bannon einen Pfahl durch das Herz von Andrews Vermächtnis gebohrt“, erklärte Shapiro. „Ich halte Steve Bannon für einen Tyrannen, der das Unternehmen zu Trumps persönlicher Prawda gemacht hat.“ Der übertriebene Vergleich mit dem einstigen Zentralorgan der Sowjetkommunisten verdeutlicht die große Kluft innerhalb des konservativen Lagers in den USA. Da sind auf der einen die, die Amerika an den Werten und Prinzipien der Gründerväter ausrichten wollen wie Shapiro oder TV- und Radiomoderator Glenn Beck. Auf der anderen Seite stehen Trump, Fox und Breitbart, die sich eher an einem populistischen Konservatismus europäischer Prägung orientieren.

Da wundert es auch nicht, daß Breitbart jetzt gerade in Europa eine Marktlücke für sich entdeckt hat. Schon bisher hat Breitbart News von seiner Filiale in London aus Europa berichtet. Schwerpunkt waren dabei neben dem Vereinigten Königreich vor allem die Islamisierung in Frankreich und der Aufstieg des Front National. Einen besonderen Gefallen hat Breitbart News dabei offenbar an Jean-Marie Le Pens fotogener Enkelin Marion Maréchal-Le Pen gefunden. Einer der zahlreichen, stets wohlwollenden Artikel über die 26jährige Mutter eines zweijährigen Sohnes war überschrieben mit: „Lernt den neuen Rockstar der europäischen Rechten kennen“.

Neben Frankreich ist auch Deutschland ein möglicher Ort für Breitbarts zweite Europafiliale auf dem Kontinent. „Es würde für uns Sinn machen, dorthin zu gehen, vor allem wegen der Migrationskrise“, so Chefredakteur Alexander Marlow. „Quer durch Europa sehen wir ein Comeback von Populismus und Nationalismus.“ Während die deutschen Gehversuche der Huffington Post bis heute im semiprofessionellen Stadium steckengeblieben sind, hätte Breitbart News tatsächlich die Möglichkeit, den wenigen Publikationen im konservativen und rechten Spektrum zumindest online eine gewisse Konkurrenz zu machen.

So erklärt Marlow es als Ziel, sich über das amerikanische Stammpublikum hinaus in den jeweiligen Ländern Europas eine eigene Leserschaft aufzubauen. In einer Zeit, in der gerade jungen Deutschen zumindest das Lesen englischer Texte kaum noch Schwierigkeiten bereitet und ein Hunger nach alternativen, vom linksliberalen Mainstream abweichenden Informationen allgegenwärtig ist, könnte das Vorhaben gute Aussichten haben. Zumal das Angebot auch nach einer Europa-Expansion kostenfrei bleiben wird.