© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/16 / 09. September 2016

Blick in die Medien
Überwacher überwacht
Tobias Dahlbrügge

Andrea Voßhoff ist die Bundesbeauftragte für Datenschutz. Im März dieses Jahres hat sie ein 60seitiges Gutachten über die Überwachung der Telekommunikation durch den Bundesnachrichtendienst erstellt. Befund: Massive Rechtsverstöße. Voßhoff stellt fest: „Der BND hat ohne Rechtsgrundlage personenbezogene Daten erhoben und systematisch weiterverwendet.“

Das Gutachten ist geheim, doch Teile davon wurden dem Nord- und Westdeutschen Rundfunk zugänglich gemacht. Der Blog Netzpolitik.org hat gar angekündigt, den vollständigen Bericht im Internet zu veröffentlichen. Das dürfte sehr peinlich für den BND werden, denn Voßhoffs Vorwürfe sind schwerwiegend: „Systematisch und regelmäßig“ sollen die Schlapphüte gegen Bürgerrechte verstoßen haben. Stichproben ergaben, daß bei Erkundigungen zu einer einzigen Zielperson intime personenbezogene Daten von fünfzehn völlig unbescholtenen Bürgern ohne Verdachtsmomente, sozusagen als „Beifang“, erfaßt und gespeichert wurden.

Der BND übernahm ungeprüfte, für die eigene Arbeit nutzlose Selek-torenlisten der NSA.  

Die Pullacher unternahmen alles, um die Kontrolle zu verhindern. Die Bundesbeauftragte beklagt, der BND habe ihre Arbeit „massiv blockiert“. Eine wirklich umfassende Untersuchung sei daher nicht möglich gewesen. Doch die Ergebnisse sind auch so erschreckend genug.

So übernahm die Behörde Telefonnummern und Mailadressen von Listen des US-Geheimdienstes NSA ohne Anlaß und Prüfung. Der BND verwendet zudem die NSA-Software (X-Keyscore) zur Massenüberwachung des Online-Verkehrs, die für die verfassungsmäßige Aufgabenstellung des deutschen Nachrichtendienstes überhaupt nicht erforderlich ist. Zudem sollen die Nachrichtendienstler Auskunftsanfragen der NSA ungeprüft bearbeiten. Allesamt Verstöße gegen das BND-Gesetz. CDU, Grüne und Linke geben sich schockiert über den Bericht, kritisieren aber zugleich die Verletzung der Geheimhaltung.