© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/16 / 09. September 2016

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler


Es gibt Wortmeldungen in den sozialen Netzwerken, die keiner weiteren Kommentierung bedürfen, weil sie für sich sprechen. So die von dem CDU-Bundestagsabgeordneten Klaus-Peter Willsch auf Facebook und Twitter am Abend des vergangenen Wahlsonntags in Mecklenburg-Vorpommern: „Aus dem Wahldesaster in Meckpomm ergeben sich zwei zwingende Schlußfolgerungen: 1. Das hat nichts zu tun mit der Flüchtlingspolitik von Angela Merkel. 2. Die Erde ist eine Scheibe.“


Neuverfilmungen von Klassikern, die als Maß aller Dinge gelten, sind immer eine heikle Angelegenheit. Die Fallhöhe ist enorm. Wie hoch sie sein kann, erlebt dieser Tage gerade Timur Bekmambetow. Der aus Kasachstan stammende Regisseur brachte jetzt ausgerechnet die Geschichte von Ben Hur nach dem Roman von Lew Wallace neu auf die Kinoleinwand; der Film startete vorigen Donnerstag. Messen lassen muß sich Bekmambetows Adaption an der von William Wyler aus dem Jahr 1959. In dem Monumentalschinken spielt Charlton Heston die Titelfigur des jüdischen Prinzen Judah Ben Hur, der von den Römern versklavt wird. Der Film wurde mit elf Oscars ausgezeichnet, unter anderem in den Kategorien „Beste Regie“ und „Bester Hauptdarsteller“. Von solchem Karat ist Bekmambetows Streifen meilenweit entfernt. „Der Film lebt allein von dem Kredit des großen alten Namens. Aber er ist nicht imstande, auch nur irgend etwas davon zurückzuzahlen“, urteilt die FAZ zutreffend. Andere Kritiken sind sogar noch vernichtender: „auf jede erdenkliche Art fehlgeleitet, herabgewürdigt und erbärmlich umgesetzt“ (The Hollywood Reporter), „schlampiges und zerstückeltes Remake“ (Variety), „ein digitalisierter Schandfleck, befeuert durch atemberaubende Inkompetenz auf allen Ebenen“ (Rolling Stone).


In diesem Frühjahr begeisterte mich in der Berliner Bibliothek des Konservatismus der Vortrag von Parvis Amoghli über Ernst Jüngers „Waldgang“ (Streifzüge vom 4. März). Kürzlich nun ist sein Essay „Schaum der Zeit“ als vierter Band der Schriftenreihe „Erträge“ erschienen, herausgegeben von der Förderstiftung Konservative Bildung und Forschung, versehen mit einem knappen Vorwort des Schriftstellers Thor Kunkel. Amoghlis Betrachtungen über die Aktualität der Jüngerschen Figur des Waldgängers und die Freiheit des Einzelnen sind eine intellektuell ungemein anregende Lektüre gerade in einer Zeit des grassierenden Irrsinns. Denn neben vielen anderem ist der Waldgang auch ein „Akt der Subversion“.