© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/16 / 09. September 2016

Die EZB finanziert Staatshaushalte mit ihrer Euro-Notenpresse
Perfide Umverteilung
Thorsten Polleit

Im Euroraum geschieht jetzt genau das, was die Deutschen immer vermeiden wollten: Die Europäische Zentralbank (EZB) finanziert die Staatshaushalte mit der elektronischen Notenpresse. Sie kauft Schuldpapiere in Höhe von 80 Milliarden Euro pro Monat und bezahlt dies mit neu geschaffenen Euro. Ein Ende ist nicht abzusehen – und es ist wohl auch gar nicht vorgesehen.

Der Großteil der Staatsschulden – die Kreditmarktschulden beliefen sich Mitte 2016 auf mehr als 9,6 Billionen Euro – wird in die EZB-Bilanz verschoben. Die Geldmenge wird entsprechend ausweitet. Davon werden die Euro-Banken etwa 2,9 Billionen erhalten. Die restlichen 6,7 Billionen fließen in die Taschen von in- und ausländischen Anleiheverkäufern. Die für die gesamtwirtschaftliche Nachfrage relevante Geldmenge M3 könnte so um 60 Prozent ansteigen – das entspräche einem künftigen Kaufkraftverlust des Euro von geschätzt 40 Prozent. Würden die Staatsschulden, bevor sie die EZB kauft, jedoch von den Euro-Banken aufgekauft, könnte die Geldmenge M3 sogar um 86 Prozent ansteigen – und das spräche für eine künftige Halbierung der Kaufkraft des Euro. 

Die Anleihekäufe werden aber nicht nur die Kaufkraft ruinieren. Die EZB wird, wenn sie Staatsschulden aufgekauft hat, vermutlich auch zu einem Schuldenschnitt greifen. Dazu kann sie beispielsweise die Zinscoupons der gekauften Anleihen herabsetzen oder deren Laufzeiten verlängern. Oder sie verkündet ein „Schuldenmoratorium“: Die EZB erläßt den Staaten bis auf weiteres ihre Zins- und Tilgungsverpflichtungen.

Sparer, die auf die Kaufkraft des Euro gesetzt haben, werden folglich eine böse Überraschung erleben: Sie verarmen. Doch das ist nicht alles. Die EZB-Politik erspart zwar mit ihrer Gelddruckerei den Euro-Peripherie-Ländern den Bankrott. Dadurch wird aber den Sparern in Deutschland, Österreich oder den Niederlanden verwehrt, daß sie Aktien, Grundstück oder Häuser zu niedrigeren Preisen kaufen können. 

Die EZB ist nichts anderes als eine perfide Umverteilungsmaschinerie. Sie enteignet die Vermögen der Menschen in den wohlhabenderen Euroraum-Ländern zugunsten der Menschen in den weniger soliden Euro-Volkswirtschaften.

Euro-Sparer sind gut beraten, in andere Währungen wie den Dollar und den Franken oder in Gold umzuschichten, beziehungsweise indem sie anstelle von Euro-Bankguthaben und Schuldverschreibungen zum Beispiel Aktien von guten Unternehmen halten. Währungshistorisch gesehen hat sich in Zeiten, in denen das ungedeckte Geld unter die Räder kam – und der Euro ist ungedecktes Geld –, das Halten von Gold und Aktien von guten Unternehmen als vorteilhaft erwiesen.






Prof. Dr. Thorsten Polleit ist Präsident des Ludwig von Mises Instituts Deutschland.

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