© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/16 / 02. September 2016

Streit um Steuerentlastung der Bürger
Gretchenfrage
Johannes Welsch

Die Olympischen Spiele sind beendet und doch wurde am vergangenen Mittwoch noch ein Rekord gebrochen. Das Statistische Bundesamt meldete, der deutsche Fiskus habe im ersten Halbjahr 2016 einen Überschuß von 18,5 Milliarden Euro erwirtschaftet. Geld, das eigentlich den Bürgern gehört. Prompt entzweit sich die Große Koalition an der Gretchenfrage staatlicher Politik: Sag, wie hältst du’s mit den Steuern?

Die Antworten könnten weiter nicht auseinanderliegen. Die SPD sieht Investitionsbedarf in Bildung, Forschung, Infrastruktur und Digitalisierung. Da kommt das viele Geld gerade recht. Die Union hingegen möchte den Bürger entlasten und die Steuern senken.

Angesichts der sozialdemokratischen Forderungen stellt sich die Frage: Wer ist eigentlich besser geeignet, um wirtschaftliche Investitionen zu tätigen, der Staat oder private Unternehmen? Sind 18,5 Milliarden Euro Überschuß nicht ein untrügliches Zeichen dafür, daß der Staat seinen Bürgern zuviel Geld abverlangt? Denn nicht der Staat muß immer mehr und mehr investieren. Seine Bürger müssen wieder selbst entscheiden können, was sie mit ihrem Geld machen wollen. Bei 18,5 Milliarden Euro Überschuß dürfen Steuersenkungen kein durchsichtiges Wahlversprechen der Union bleiben. Da sind sie längst eine Notwendigkeit.