© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/16 / 26. August 2016

CD-Kritik: Quatuor Ebène – Franz Schubert
Verlorene Welt
Jens Knorr

Mit gut zwanzig Cellisten haben die vier vom Quatuor Ebène Franz Schuberts Quintett in C-Dur D 956 in der ungewöhnlichen Besetzung für zwei Violinen, Viola, Violoncello und eben ein zweites Cello, gespielt. Mit Gautier Capuçon haben sie es aufgenommen.

Dieses Ausnahmewerk des vierten Wiener Klassikers – aber welches von den späten Werken dieses jungen Mannes ist das nicht? – führt die klassische Sonatenform zu Ende und über sie hinaus. Allwissende Gesamtschau ist Sache des Quatuor Ebène nicht, dafür rückhaltloses Miterleben der Variantentechnik, als brächte eins das andere hervor oder, besser, als bräche eins aus dem andern heraus oder in das andere ein: Aller Volkston muß zornig, aller Ländler städtisch, aller Frohsinn trotzig, alle Idylle schwermütig werden und alles Innehalten aller Zeiten Ende.

Dem harmonielosen Schlußton C folgen fünf Schubert-Lieder, die das Quatuor Ebène zusammen mit der Kontrabassistin Laurène Durantel, in Arrangements seines Cellisten Raphaël Merlin, begleitet. Die Lieder werden von Matthias Goerne gesungen, „dem Mann, der so singt, wie man über das Wasser geht“, wie seine vier Jünger in ihrer Danksagung schreiben.

Wirklich ist Schubert ein Komponist in finsteren Zeiten. Von den Richtigen gespielt, macht seine Musik die Rückzugsräume hell.

Franz Schubert Streichquintett C-Dur D 956 Quatuor Ebène Warner Classics, 2016  http://quatuorebene.tumblr.com