© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 34/16 / 19. August 2016

Umwelt
Rohre im Killersee
Wolfgang Kaufmann

Der Nyos-See in Kamerun füllt einen 400 Jahre alten Explosionskrater im Oku-Vulkangebiet südlich der Grenze zu Nigeria. An seinem Ufer liegen die Ortschaften Cha, Subum und Nyos, in denen am 21. August 1986 um die 1.700 Menschen und unzählige Tiere starben. Ursache hierfür war eine Wolke aus 1,7 Millionen Tonnen Kohlendioxid (entspricht etwa dem täglichen CO2-Ausstoß Deutschlands), die aus dem See kam. Der liegt direkt über riesigen Magmakammern, die permanent CO2 produzieren, das nach oben steigt und sich im kalten Tiefenwasser anreichert. Das hat normalerweise keine besonderen Konsequenzen, doch wenn es infolge von Erdstößen oder sonstigen vulkanischen Aktivitäten zur Durchmischung der Wasserschichten kommt, dann gelangt das geruchlose wie erstickende Gas an die Oberfläche sowie auch an Land. Und genau das passierte vor 30 Jahren, wobei es noch in 27 Kilometern Entfernung vom Ufer des Nyos-Sees Todesfälle gab.

Ein Dammbruch würde riesige Wassermengen freisetzen und Zehntausende Menschen töten

Anschließend wurde die Region um den nunmehrigen „Killersee“ evakuiert – seitdem leben 12.000 Dorfbewohner in Auffanglagern, wo ihnen teilweise nur 50 Quadratmeter Ackerboden pro Person zur Verfügung stehen. Ihre Rückkehr in die Heimat scheiterte daran, daß sich bis 2001 schon wieder eine große Gasblase auf dem Seegrund gebildet hatte. Um diese kontrolliert aufzulösen, installierten Wissenschaftler um den französischen Vulkanologen Michel Halbwachs Rohre, durch die das CO2 in ungefährlichen Mengen entweichen kann. Das zeitigte mittlerweile erste Erfolge. Allerdings stellten niederländische Experten in Uno-Diensten kürzlich fest, daß nun wiederum der Bruch eines natürlichen Damms droht, durch den riesige Wassermengen aus dem Nyos-See bis nach Nigeria strömen und Zehntausende weitere Menschen töten könnten. Deshalb soll jetzt parallel zur sukzessiven Entgasung Wasser abgelassen werden, um den Damm zu entlasten.