© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/16 / 12. August 2016

Der Flaneur
Gott ist ein echter Kumpel
Tobias Dahlbrügge

Die Wasserschutzpolizei hat einen neuen Kollegen. Jung und dienstbeflissen. Ich weiß sofort, daß es gleich Ärger gibt, als er zielstrebig auf das alte Boot zusteuert. Am Heck fehlt ein D-Kennzeichen, bemängelt er. Ich wußte es! Ich sage: Da hängt eine riesengroße Deutschlandfahne, das ist doch D-Schild genug. Nichts da, belehrt er mich, ein „D“ ist Pflicht. Ich gebe auf: Gut, ich besorge in den nächsten Tagen ein D-Schild und bringe es an. Wenn ich fertig bin, rufe ich durch, dann kann er wiederkommen und es abnehmen. Nein, nein, nein, sooo einfach geht das nicht!, sagt er wichtig – ein Bußgeld von 20 Euro ist fällig. Das kann doch jetzt echt nicht wahr sein! Doch, er besteht auf 20 Euro. Ich töte ihn mit Blicken und ziehe das Portemonnaie aus der Hosentasche. Du Sack, denke ich.

Am nächsten Tag zwei Wasserschupos: Ob ich ihnen vielleicht einen Gefallen tun könnte?

Doch manchmal, manchmal ist der liebe Gott ein echter Kumpel! Am nächsten Tag kommen zwei ältere Wasserschutzpolizisten vorbei. Sie drucksen etwas herum, ob ich ihnen vielleicht einen großen Gefallen tun könne. Die Sache sei so: Am Steuerstand ihres Polizeibootes ist ein technisches Teil defekt und müsse ersetzt werden. Sie haben das Ersatzteil bestellt, und am Samstag soll der Paketdienst es liefern. Ihre Station ist aber am Wochenende nicht besetzt. 

Ob ich vielleicht so freundlich sein könnte, am Samstag hier zu sein und das Päckchen anzunehmen. Das wäre wirklich unheimlich nett, und was ich für meine Mühe denn haben müßte, sie würden natürlich eine Aufwandsentschädigung bezahlen.

Ich brauche nicht lange zu überlegen: „Das kostet genau 20 Euro. Ihr neuer Mitarbeiter hat mir nämlich gestern ein Bußgeld von 20 Euro aufgebrummt, und die hätte ich gerne wieder!“ Sie lachen und rücken den blauen Schein raus.