© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/16 / 12. August 2016

Umwelt
Unsichtbare Wildkatzen
Volker Kempf

Vor 200 Jahren galt die europäische Wildkatze nahezu als ausgerottet. Die gute Nachricht ist: Seit den 1920er Jahren erholt sich der Bestand auch in Deutschland. Im Jahr 2000 lebten schätzungsweise wieder 1.700 bis 5.000 Exemplare in unseren heimischen Wäldern. Im Vergleich zur Hauskatze, von der es hierzulande etwa 8,4 Millionen gibt, ist das allerdings wenig. Das bis zu einem Meter lange Wildtier ist durch seinen kurzen, dicken und buschigen Schwanz gut von der Hauskatze zu unterscheiden, es wirkt auch massiger. Der aktuelle Wildkatzenbestand reicht vom Harz über den Westerwald bis tief nach Rheinland-Pfalz und ins Saarland hinein. Dabei bietet Deutschland weitere Waldgebiete, die für die Wildkatze geeignet sind, aber für diese unerreichbar bleiben – etwa in Sachsen und Brandenburg oder der Lüneburger Heide.

Das Haupthindernis für die Ausbreitung sind die Zersiedelung und die vielen Schnellstraßen.

In Bayern gibt es Projekte zur Wiederansiedlung im Spessart, im Steigerwald und im Bayerischen Wald. In Baden-Württemberg galt die Wildkatze seit 1912 als verschwunden, doch wurde inzwischen ein nennenswerter Wildkatzenbestand im Raum Kaiserstuhl/Rheinaue nachgewiesen. Dieser Bestand kam vom Elsaß her über den Rhein und könnte sich in den Schwarzwald und die Schwäbische Alb hinein ausbreiten. Bis dahin fließt voraussichtlich noch einiges Wasser den Rhein und die Donau hinunter. Das Haupthindernis sind bei der natürlichen Ausbreitung der Wildkatze neben der allgemeinen Zersiedelung die vielen und schnellbefahrenen Straßen. Ein Problem, mit dem nicht nur die Wildkatze zu kämpfen hat. Deshalb gibt es einen Wildwegeplan, der im Generalverkehrswegeplan berücksichtigt werden muß. Bei allen Erfolgen sind Wildkatzen aber im Alltag sehr selten zu sehen, sie leben vor allem in Wäldern, sind sehr scheu und am liebsten bei Dämmerung aktiv. Die europäische Wildkatze lebt, auch wenn man sie nicht sieht.