© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/16 / 12. August 2016

Heimatschutz und Naturliebe
Michael Beleites über die DDR-Umweltbewegung
Sebastian Hennig

Eine erhellende Betrachtung der unabhängigen Umweltbewegung in der DDR hat Michael Beleites verfaßt. Mit seiner in tausend Exemplaren vervielfältigten 60seitigen Untergrundschrift „Pechblende“ hatte der Aktivist bereits 1988 das Ausmaß der Umweltzerstörung und Gesundheitsgefährdung durch den Uranbergbau offengelegt. Mit dem Vermerk „Nur zum innerkirchlichen Gebrauch“ konnten solche Publikationen genehmigungsfrei entstehen. Strenge Vertraulichkeit bewirkte, daß die sonst wachsame Staatssicherheit völlig unvorbereitet getroffen wurde. Die Maßnahmen gegen sich hat Beleites bereits 1991 in dem Buch „Untergrund. Ein Konflikt mit der Stasi in der Uran-Provinz“ dargestellt. 

Sein aktuelles Werk behandelt nun das Verhältnis von Einsatz und Risiko und hält die Reihenfolge von Ursache und Wirkung fest. Nur einer der sieben Teile des Buchs befaßt sich mit dem politischen System als Gegner. Aufsehenerregende Kundgebungen und Schriften wurden vom Staat freilich als Angriff verstanden und so pariert. Gleichwohl ging es den Aktivisten nicht vorrangig um politische Störaktionen. Ihre primären Beweggründe lagen in Heimatschutz und Naturliebe. 

Biologen unterstützten die engagierten Laien mit sachlichen Argumenten. Mit der allgemeinen Lage spitzte sich die Konfrontation weiter zu. Der Autor unterteilt „Die vier Phasen einer Bewegung“. Von 1979 bis 1982 rückten die Probleme ins Bewußtsein. Bis 1986 entstand eine kritische Öffentlichkeit. 

Die nächste Phase drängte die Systemfrage auf und mündete dann geradezu in der Friedlichen Revolution von 1989, in deren Verlauf den Umweltaktivisten aufgrund ihrer Erfahrungen in der Auseinandersetzung mit den Machthabern eine bedeutende Vermittlerrolle zukam. Das Buch berichtet von den Schwierigkeiten und der Resignation, von Verbindungen zur bundesdeutschen und baltischen Umweltbewegung. Zahlreiche Fotos, die der Autor in jenen Jahren angefertigt hat, bereichern seine Darstellung, die als Band 16 in der Schriftenreihe erscheint, die der Autor als Sächsischer Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen 2008 selbst ins Leben gerufen hat.

Michael Beleites: Dicke Luft. Zwischen Ruß und Revolte. Die unabhängige Umweltbewegung in der DDR, Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2016, broschiert, 264 Seiten, Abbildungen, 9,90 Euro