© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/16 / 12. August 2016

Initiative Deutschlandsiegel kennzeichnet nachhaltige Produkte
Made in Germany
Markus Brandstetter

Als das Deutsche Reich ab 1871 eine rapide Industrialisierung erfuhr, mußten die Engländer miterleben, daß immer mehr deutsche Produkte ins Vereinigte Königreich importiert wurden und so der angestammten Konkurrenz das Leben schwermachten. Um das zu verhindern, kamen Unterhausabgeordnete auf die Idee, deutschen Importen das Siegel „Made in Germany“ zu verpassen, um die Bevölkerung vor der vermeintlich minderwertigen Importware zu warnen.

Doch der Merchandise Marks Act von 1887 wurde zu einem Lehrbeispiel, wie man Industriepolitik gerade nicht machen sollte. Viele deutschen waren den heimischen Produkten deutlich überlegen, was die abschreckend gedachte Herkunftsangabe bald in ein veritables Gütesiegel verwandelte und nun britischen Herstellern mehr schadete als nützte. 

Längst hat sich „Made in Germany“ weltweit als Gütesiegel für hervorragende Produkte und technische Anlagen etabliert. Die Voraussetzung dafür sind drei Punkte: Das Produkt muß überwiegend in Deutschland hergestellt sein; ein entscheidender Wertschöpfungsanteil wurde durch Zusammenbau in Deutschland generiert; oder das Produkt muß in Deutschland maßgeblich veredelt worden sein – das ist angesichts der Globalisierung der Produktionsketten aber immer weniger der Fall.

Ab August versucht nun die „Initiative Deutschlandsiegel“ dem angejahrten Gütesiegel neues Leben einzuhauchen. Dies soll durch das „Made in Germany CSR“-Label geschehen. „CSR“ steht für Corporate Social Responsibility steht. Damit ist klar, wo der Hase in Zukunft hinlaufen soll: CSR läßt sich als gesamtgesellschaftliche unternehmerische Verantwortung übersetzen und beschreibt den freiwilligen, also über die gesetzlichen Vorschriften hinausgehenden Beitrag, den Unternehmer zur nachhaltigen Entwicklung von Umwelt und Gesellschaft leisten.

Die Kriterien, die ein Unternehmen zu erfüllen hat, um sich mit „Made in Germany CSR“ schmücken zu dürfen, haben mit Qualität und technischer Meisterschaft nichts zu tun. 55 Prozent Mindestfertigungstiefe in Deutschland ist interpretierbar, recyclebare Materialien einzusetzen sinnvoll – aber besser wäre eine lange, reparaturfreie Lebenszeit ohne Sollbruchstellen.

CSR-Anforderungen wie Artenvielfalt und Lebensräume zu schützen, wenig Energie, Wasser und Verpackung zu verwenden und den Müll umweltgerecht zu entsorgen, klingen nett – aber bringen dem Endverbraucher nicht viel, außer vielleicht höhere Preise. Deutschland und die EU ertrinken in gutgemeinten, jedoch praktisch kaum umsetzbaren Vorschriften – und ein Gütesiegel, das wenig aussagt und wie das Fair-Trade-Siegel eher zu Mißbrauch und Betrug einlädt, ist verzichtbar.

Portal des „Made in Germany CSR“-Labels: www.deutschlandsiegel.de