© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/16 / 22. Juli 2016

Leserbriefe

Zu: „Wie das Gesetz es befiehlt“ von Michael Paulwitz, JF 29/16

Ohne Existenzberechtigung

Aufgrund der vielen Fehlurteile in letzter Zeit ist das Vertrauen in den deutschen Rechtsstaat im Bewußtsein der Bürger längst verlorengegangen. Die einäugige Sozialromantik im Hinblick auf den von verantwortungslosen Politikern betriebenen Kulturbruch hat großen Schaden angerichtet. So ist die Straffreiheit für verbrecherische Zuwanderer ein fundamentaler Rechtsbruch, ebenso wie die Anklage-Freistellung von Politikern wie Merkel und Genossen, die bestehende Gesetze brechen. Eine derartige Staatsauffassung hat in einer Demokratie keine Existenzberechtigung.

Herber Gaiser, München




Glaubenskonform dispensiert

Man tut der deutschen Justiz unrecht, wenn man sie des zu laschen Umgangs mit muslimischen Straftätern bezichtigt, wie auch jetzt bei den Tätern der Silvesternacht. Sie macht nichts anderes, als sich den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes anzupassen, das schon 1971 die Priorität muslimischer Glaubensgebote vor den Rechten anderer  unserer verfassungsmäßigen Ordnung und dem Sittengesetz feststellte und gleichzeitig betonte, daß ein Täter, der aus religiösen Gründen gegen unsere Rechtsordnung handelt, nicht belangt werden dürfe, da eine Bestrafung seine Menschenwürde verletze (BVerfG 19.010.1971, 1 BvR 387/65).

Dr. Oswald Scheibe, Wuppertal




Vergleich statt Rechtspflege

Das Vertrauen in den Rechtsstaat ist schon seit Jahren erschüttert. Ich arbeite im Bausektor, dort wird schon seit mindestens zwei Jahrzehnten eher von „Rechtsverdrehern“ als von Anwälten und Richtern gesprochen. Daher rate ich selbst als Sachverständiger meinen Auftraggebern nach Möglichkeit ab, vor Gericht zu ziehen. Justiz ist in einer Demokratie nur glaubwürdig, wenn sie sich als von der Obrigkeit unabhängig zeigt, aber das ist hier schon lange nicht mehr gewährleistet. Hier denke ich vor allem an die Praxis der letzten Bundesfinanzminister, einschließlich des amtierenden Wolfgang Schäuble, die sich grundsätzlich weigerten, Gerichtsurteile von Finanzgerichten, die einem Steuerzahlenden recht gaben, fairerweise in die Gesetze oder die Verordnungen für alle Steuerzahler einfließen zu lassen. Jeder objektive Rechtsanwalt bestätigt einem im Gespräch, daß kaum noch eine Rechtspflege zustande kommt, daß die Parteien seit Jahren dazu genötigt werden, Vergleiche abzuschließen.

Ludwig Zangl, Lustadt






Zu: „Unter Beobachtung“ von Dieter Stein, JF 29/16

Mehr Trennschärfe

Es jährt sich in diesen Tagen, daß eine bedeutsame Zahl von AfD-Mitgliedern den Trennstrich zogen und die AfD Richtung ALFA verließen. Diese Zäsur hat die AfD überlebt, weil die politische Großwetterlage günstig war; es hätte auch schiefgehen können. Jetzt ist die AfD selber genötigt, Trennstriche zu ziehen: erstens zum Hobby-Historiker, Philosophen und Ex-Maoisten Wolfgang Gedeon, zweitens zur sogenannten „Identitären Bewegung“, und drittens zu Teilen der „Pariotischen Plattform“, welche die Parteilinie mißachten.

Ich sehe nicht ein, daß ein unbescholtenes Ex-NPD-Mitglied aufgrund einer „Jugendsünde“ bei der AfD nicht mitmachen darf, während ein wirrer Antisemit auf größtmögliche Toleranz hoffen darf. Die wissenschaftliche Gutachterlösung hat zu Recht nur für wissenschaftliches Kopfschütteln gesorgt.

Gottfried Schwank, Oberegg






Zu: „‘Windige Träume zerstören Lebensräume’“ von Christoph Keller, JF 29/16

Höchste Zeit für ein Moratorium

Es hätte sich gelohnt, auf den von der Bundesinitiative Vernunftkraft e.V. initiierten Johannisberger Appell für eine vernünftige Energiepolitik, insbesondere der Windkraft, einzugehen, der zur „Energiewende“ unter anderem feststellt, daß hier nicht CO2-Einsparungen oder Innovationen angestrebt werden, sondern hier allein finanzielle und ideologische Motive ausschlaggebend sind. 

Das haben bereits die Autoren des Jahresgutachtens 2013/14 erkannt, die der Bundesregierung ins Stammbuch schrieben: Die Energiewende verkommt zum Verteilungskampf – ausgetragen auf dem Rücken von Mensch und Natur. Als erstes müßte jetzt ein Moratorium bei der Förderung erneuerbarer Energien beschlossen werden.

Prof. Dr.-Ing. Jürgen Althoff, St. Wendel






Zur Karikatur „Wenn sie kein Brot haben ...“, JF 28/16

Arrogant und realitätsfern

Diese Karikatur unterscheidet sich wohltuend von so manch anderer in diesen Tagen, die nur von ödem Konformismus kündet. „Wenn sie kein Brot haben, dann sollen sie doch Kuchen essen (...)“ – diese hübsche Anekdote (zwar Marie Antoinette in den Mund gelegt, erstmals jedoch von Jean-Jacques Rousseau benannt) ist geradezu ein Paradebeispiel dafür, daß sich die menschliche Natur im Grunde nicht ändert. Wenn Machteliten zu lange im Amt sind – mit reichlich Privilegien und zuwenig Kontrolle –, dann heben sie zwangsläufig ab, werden arrogant und realitätsfern. Juncker und Schulz dürfte das Lachen eines Tages noch vergehen.

Dr. Ursula Schneider, Bendorf






Zu: „Die Burg wankt“ von Markus Brandstetter, JF 28/16

Zweierlei Maß

Wenn zwei das gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe. Merkwürdig, als die Griechen in einem Referendum vor gut eineinhalb Jahren über den Verbleib in der Eurozone abstimmen durften, war alles in Ordnung – ein Akt der Demokratie, ein kluger Schachzug der Regierung. Keine einzige Forderung, daß man das Referendum wiederholen müsse, zum Beispiel weil nur die „falschen Leute“ abgestimmt hätten, manche Landesteile anders abgestimmt haben als der Rest, vor dem Referendum von irgendeiner Seite mit „Lügen“ gearbeitet wurde. Was war anders? Das Ergebnis des damaligen Referendums paßte den Brüsseler und Straßburger Eliten in den Kram, und die griechische Regierung wurde deswegen später für das brave Abstimmverhalten ihrer Bürger mit weiteren Milliardenspritzen belohnt.

Dr. Jürgen Ptucha, Gotha




Europa benötigt Brüssel nicht

Es lohnt sich, die Geschichte der Referenden in der EU zu studieren. Da es noch keine EU-Richtlinie dafür gibt, wie ein Volk der EU zu wählen und abzustimmen hat, bleiben der EU wohl auch unangenehme Überraschungen nicht erspart. Jean-Claude Juncker hat den Kanal vom Brexit so voll, daß er zunächst einmal erzürnt und bitter enttäuscht CETA ohne Parlament durchwinken wollte. Hier wird deutlich, was die EU nicht will: direkte Demokratie und schon gar nicht die mit Abscheu beargwöhnten Volksbefragungen. Schon im alten Rom war das Volk der Hund, vor dem man sich hüten mußte. Nun hören wir wieder die alten Parolen von mehr Demokratie und Umbau des Verwaltungsmonsters Brüssel. Herr Schulz setzt noch einen drauf: Eine EU-Regierung müsse her! 

Wer sich mit der EU vertiefend beschäftigen möchte, der sollte „Das Eu­ropa-Komplott“ von Hans Herbert von Arnim lesen. Es gibt nicht nur Gewinner in der EU, es gibt auch Verlierer, die wegen ihrer schlechten wirtschaftlichen Lage nichts von den hehren Gedanken der EU haben. Sie können sich schlicht eine EU gar nicht leisten. Diese sind die Klientel, die Bürgerbegehren favorisieren und jedesmal die Referenden versauen. Trotzdem – Europa bleibt uns erhalten mit oder ohne Brüssel.

Günther Tschernko, Dresden






Zu: „‘Verheerend für die Partei’“, im Gespräch mit Wolfgang Fuhl, JF 28/16

Egoistisches Petry-Heil

Erneut versucht Petry, ihre parteiinternen Konkurrenten zu schwächen und schreckt dabei nicht einmal davor zurück, Meuthen bei seinem berechtigten Kampf gegen Antisemitismus in der AfD in den Rücken zu fallen. Offensichtlich ist es ihr völlig gleichgültig, daß die AfD dabei schweren Schaden nimmt, wie die fallenden Umfragewerte beweisen. Auch daß der Bundesvorstand sich einstimmig für Meuthen ausgesprochen hat, kümmert sie offenbar nicht. Ein merkwürdiges Demokratieverständnis, fast schon „merkelisch“. Das ist bei ihr allerdings nichts Neues. Schon früher ist sie in der AfD Sachsen gegen politische Konkurrenten mit fragwürdigen Mitteln vorgegangen.

Richard Neubert, Grimma






Zu: „Eine Frage der Distanz“ von Ronald Berthold, JF 28/16

Mit dem Volk per du

Leider ist es auch so, daß man keinen Volkshochschulkurs besuchen kann, ohne daß der Dozent gleich zu Beginn verkündet, daß man sich hier duze; als ich dem mal widersprach, wurde das (in einer kleinen Runde) zwar für meine Person respektiert, aber fortan war ich der Außenseiter. 

Allerdings: Das allgemeine „You“ im englischsprachigen Raum ist mit unserem – je nach Bekanntheitsgrad des Angesprochenen vertraulichen oder plump-vertraulichen Du – nicht zu vergleichen, es ist nämlich die vor 300 Jahren auch bei uns noch gebräuchliche Anrede der 2. Person Plural: „Ihr“. Mit dieser Höflichkeitsanrede spricht man im Englischen (nach dem Rückzug des unserem „Du“ entsprechenden „Thou“ in den kirchlichen Bereich) also auch Eltern und enge Freunde an, was mich daran erinnert, daß Matthias Claudius’ Ehefrau es sehr bedauert hatte, daß ihre Kinder sie nicht siezten, wie sie selbst es noch ihren Eltern gegenüber tun mußte!

Hans-Otto Schulze, Buchholz






Zu: „La France? C’est fini“ von Markus Brandstetter, JF 28/16

Das Schicksal hieß von Choltitz

Nicht „ein gütiges Schicksal“ und auch nicht der Weihnachtsmann haben „die großartigen Gebäude“ von Paris vor der Zerstörung im Krieg bewahrt, sondern der deutsche Stadtkommandant General Dietrich v. Choltitz, der die Stadt entgegen Hitlers Befehl nicht verteidigte (und damit zerstörte), sondern kampflos den Alliierten übergab.

Eberhard Koenig, Baiern






Zu: „Der Mittelstand – Kern deutschen Wirtschaftslebens / Einzigartig in der Welt“ von Markus Brandstetter, JF 28/16

Der Meister eroberte Südafrika

Ihr Lob für das duale handwerkliche Ausbildungssystem und das dreigliedrige Schulsystem hat mich in meinem Einsatz von 35 Jahren an der Berufsschule, auch in der gewerblichen Abteilung (Maurer, Schlosser, Maler), bestätigt. Bei einem Lehreraustausch nach Südafrika wurde ich 1976 als Berufschullehrer immer mit „Meister“ angesprochen, so weit hatte sich die Achtung für das deutsche Handwerk auch bei den dort handwerklich ausgebildeten Bantus verwurzelt.

Georg K. Schmelzle, Norden/Ostfriesland






Zum Schwerpunktthema: „Das war erst der Anfang“, JF 27/16

Die europäische Elite verzweifelt

Angela Merkels trotzige Feststellung, die EU sei „stark genug, um die richtigen Antworten auf den heutigen Tag zu geben“, klingt eher wie ein verzweifelter Hilferuf. Über Jahre hat Europa, haben die Verantwortlichen der EU-Kommission und die Regierungen der Mitgliedsstaaten es versäumt, die Europäische Union durch konsolidierendes Handeln zu stabilisieren und eine Rechts- und Wirtschaftsordnung zu bilden, die unter keinen Umständen Brüche toleriert. Stattdessen wurden eine Hinterzimmerpolitik betrieben, Parlamentsbeschlüsse und Volksabstimmungen verhindert und ignoriert, Rechtsbrüche, etwa bei den Maastricht-Kriterien, toleriert. Wer ist da angesichts des Brexits noch schockiert? 

Die demokratiefeindliche Politik Brüssels und der Regierungen der EU-Staaten in den zwei letzten Jahrzehnten, die die Völker Europas mehr oder minder hinters Licht führte, sorgte für einen lange aufgestauten Unmut, der sich nun im Brexit entlud. Keine der großen Krisen ist bisher gelöst, weder die Banken- noch die Verschuldungskrise, weder die soziale Krise in etlichen EU-Ländern, noch die Flüchtlingskrise. 

Der Brexit birgt indes eine Chance: Die Verantwortlichen der Europäischen Union wären gut beraten, die ursprünglichen Europa-Ziele eines Charles de Gaulle und Konrad Adenauer zu beherzigen. Wenn der deutsche Außenminister nun seine Ministerkollegen aus den ehemaligen Gründerstaaten der EU (Benelux, Deutschland, Frankreich, Italien) zu einem Gedankenaustausch über Europa einlädt, dürfte dies bei den restlichen EU-Mitgliedsstaaten neue Zwietracht auslösen, da sie sich ausgeschlossen fühlen müssen. Dies zeigt, daß die Verantwortlichen der EU keine Ahnung davon haben, wie es weitergehen könnte.

Wolfgang D. Weithäuser, Düsseldorf






Zu: „Politisch hyperkorrekt“ von Jörg Fischer, JF 26/16

Norwegen tankt anders

Letzten Monat waren wir für eine Woche in Norwegen. Bei den Stadtführungen kam das Thema „Elektro-Automobile“ zur Sprache. Diese Fahrzeuge sind am amtlichen Kennzeichen zu erkennen, EL. In Norwegen dürfen E-Mobile kostenlos in die Innenstädte, es gibt ein dichtes Netz von kostenlosen Stromtankstellen sowie steuerliche Vergünstigungen. Die Stromtankstellen werden übrigens von der Autoindustrie bereitgestellt. Da der norwegische Strom überwiegend durch Wasserkraft erzeugt wird, ist das eine umweltfreundliche Lösung. Ob das hier machbar wäre, bezweifele ich. Das fängt schon damit an, daß es bisher kaum Stromtankstellen gibt. Auch ist der Strom bei uns deutlich teurer! Und wie soll der Akku aufgeladen werden, wenn in meiner Garage kein Stromanschluß ist? Das Stromnetz jedenfalls dürfte kollabieren, wenn um 22 Uhr alle E-Autos an die Steckdose gehen.

Siegfried Kieselbach, Düsseldorf