© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/16 / 22. Juli 2016

CD-Kritik: Pierre de La Rue, Cappella Pratensis
Visionen der Freude
Sebastian Hennig

Als Mitglied der burgundischen Hofkapelle folgte der franko-flämische Musiker Pierre de la Rue dem letzten Ritter Kaiser Maximillian in das brabantische s’Hertogenbosch. Dort wurde er Mitglied der Marianischen Bruderschaft Unserer Lieben Frau. Der gehörte auch der berühmteste Sohn der Stadt an, der Maler Hieronymus Bosch. Dieser heimattreue Meister versammelte sich jeden Mittwoch im Kreis der anderen Ordensbrüder in einer Kapelle der gotischen Sankt-Johannes-Kathedrale. Den dabei ertönenden Lobpreis Gottes überliefert uns nun eine Einspielung des s’Hertogenboscher Vokalensembles Cappella Pratensis. Ihren Gesang ließen die Musiker aber nicht in ihrer imposanten heimischen Kathedrale aufnehmen, sondern in der kleinen Kirche im wallonischen Franc-Waret. Gleichwohl erreicht uns eine in den geheimnisvollen Tiefen gotischer Architektur verhallende Tonkunst. Das Ordinarium der Missa Cum jocunditate von Pierre de la Rue wird durchflochten von gregorianischen Chorälen und Orgelimprovisationen. Diese Freudenmesse läßt damit etwas von dem verborgenen erfreulichen Hintergrund der Bilder des rätselhaften Malers Bosch erfahrbar werden. Vor dem Credo ist die Sequenz Verbum bonum et suave eingeschoben. Umrahmt vom Orgelklang bekennen sich deren Verse zur ewigen Freude, habenda sempiterna gaudia.

Cappella Pratensis Visions of Joy Challenge Records, 2016  www.challengerecords.com; www.cappellapratensis.nl