© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/16 / 22. Juli 2016

Gescheiterter Staat am Rande Europas
Moldawien: Ohne funktionierendes Staatswesen und geplagt von Korruption sieht die Zukunft düster aus
Thomas Fasbender

Droht ein „failed state“, ein gescheiterter Staat, am Rande Europas? Das zwischen Rumänien und der Ukraine eingeklemmte Moldawien mit seinen 3,1 Millionen Einwohnern gehört zu den ärmsten Regionen des Kontinents. Im Human Development Index der UN rangiert das Land auf Platz 114 von 187 Ländern.

Moldawien steht auch sinnbildlich für das Scheitern der EU-Politik den nichtrussischen Sowjetrepubliken gegenüber. Solange die lokalen Eliten kein funktionierendes Staatswesen auf die Beine stellen, sind alle europäischen Hilfestellungen vergebens. Dabei sind dort seit 2009 Parteien an der Macht, die sich ihrem Programm nach pro-westlich und proeuropäisch geben.

Bisheriger Höhepunkt der Mißwirtschaft war ein Bankenskandal Ende 2014. Damals wurde bekannt, daß die Eigentümer dreier Geschäftsbanken Einlagen im Umfang von insgesamt einer Milliarde US-Dollar illegal außer Landes geschafft hatten. Es kam zu massiven Protesten und im Februar 2015 zum Bankensturm. Seit Oktober 2015 sitzt der Oligarchen-Politiker Wlad Filat, Premierminister von 2009 bis 2013, wegen dieser Machenschaften in Untersuchungshaft.

Regierungschef seit Januar 2016 ist Pawel Filip von der proeuropäischen Demokratischen Partei Moldawiens (DPM). Hinter der DPM steht der reichste und mächtigste Moldawier: Wladimir Plahotniuc. Plahotniuc gehören die TV-Sender Publika, Prime, Canal 2 und Canal 3, außerdem drei Radioanstalten. Allein die Fernsehsender machen 70 Prozent des moldawischen TV-Angebots aus. Zwei weitere TV-Stationen gehören einem Abgeordneten der Liberaldemokraten, drei Fernsehsender sind in russischer, einer in amerikanischer Hand. Hinter Jurnal TV steht Plahotniucs Rivale Viktor Zopa.

Auf dem Höhepunkt der Bankenkrise im Februar 2015 gründete der frühere Staatsanwalt Andrei Nastase die zivilgesellschaftliche Bewegung „Würde und Wahrheit“. Rasch erwarb sie sich den Ruf eines „moldawischen Maidan“ in Anlehnung an die Kiewer Protestbewegung 2013/14. Im Dezember 2015 wurde dann die Partei „Plattform Würde und Wahrheit“ registriert.

Aus jener Zeit stammen auch die ersten Berichte, wonach die vermeintliche Grassroots-Bewegung „Würde und Wahrheit“ ein politisches Werkzeug zweier nicht verwandter Oligarchen mit demselben Familiennamen – Zopa – im Kampf gegen ihren Erzfeind Wladimir Plahotniuc sei. Beide Zopas, Viktor und Wiorel, leben seit Jahren in Frankfurt am Main. In ihrer moldawischen Heimat wurden die beiden zu zehn und acht Jahren wegen Betrugsvergehens verurteilt. Darüber hinaus wird ihnen Waffenhandel und Geldwäsche vorgeworfen.