© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/16 / 22. Juli 2016

Burgfrieden auf dem Bundeskongreß
Junge Alternative: Die AfD-Jugend grenzt sich von der Identitären Bewegung ab und ruft die Parteiführung zur Einigkeit auf.
Hinrich Rohbohm

Das ging für die linksextreme Antifa nach hinten los. „Nationalismus ist keine Alternative“ hatte sie mit weißer Farbe auf eine Mauer in den Weinhängen des Rüdesheimer Rosenecks unterhalb des Niederwalddenkmals gemalt. Treffen wollte sie damit die Junge Alternative (JA), die Jugendorganisation der AfD. Deren Mitglieder versammelten sich am Wochenende zu ihrem Bundestreffen in der Rheintal-Kongreßhalle von Bingen. Die Tagungsstätte auf der anderen Seite des Rheins bietet von ihrer Terrasse aus einen traumhaften Ausblick auf das Wasser und die gegenüberliegenden Weinhänge mitsamt Denkmal. Für die JA-Führung ein idealer Platz für symbolträchtige Fotos, wäre da nicht dieser störende Antifa-Satz zwischen die Reben gepinselt worden. 

Unbekannte überdeckten den Buchstaben „k“, erschufen so den Satz „Nationalismus ist eine Alternative“, der nun Tausenden Touristen am Bingener Promenadenufer ins Auge fiel. Wieviel Nationalismus sie in ihren eigenen Reihen für zulässig hält, machte der  AfD-Nachwuchs zumindest in bezug auf die ins Visier des Verfassungsschutzes geratene Identitäre Bewegung (IB) deutlich. Mit knapper Mehrheit votierten die rund 200 anwesenden Mitglieder für einen vom Bundesvorstand beantragten Unvereinbarkeitsbeschluß. Anhänger der IB dürfen demnach künftig nicht mehr in die JA aufgenommen werden. 

Zuvor hatte bereits der Bundeskonvent den Antrag mit 20 zu 1 Stimmen abgesegnet. „Ich möchte nicht, daß wir zu einer rechten Splittergruppe verkommen, wir wollen eine konservative Jugendorganisation sein“, wirbt JA-Vize Krysztof Walczak bei der Basis für den Beschluß. Was für Unruhe in den Reihen der IB-Sympathisanten sorgt. Gegenanträge werden formuliert, Geschäftsordnungsanträge – ein Lieblingsinstrument nicht nur der Mutterpartei – nehmen zu. „Ich schlage vor, zu diesem Punkt die Presse auszuschließen“, meint ein Mitglied. 

Waffenstillstand zwischen Petry und Gauland

Ablehnendes Stimmengemurmel. „Die Gegner des Antrags sollen jetzt bitte nicht feige sein“, kontert Walczak. Beifall brandet auf, die Mitglieder lehnen den Vorschlag ab. „Schweren Herzens“ habe sich die JA zum Beschluß durchgerungen, wohlwissend, daß sie damit auch Leute treffe, die nicht extremistisch seien, meint ein Vorstandsmitglied, das für die JA die Gefahr sieht, künftig vom Verfassungsschutz beobachtet zu werden. „Von Leuten, die völkisch-rassistisch denken, sollte man sich distanzieren“, ruft jemand ins Mikro. Nur vereinzelt wird geklatscht. „In Thüringen haben einige Vertreter der IB Verbindungen zu eindeutig rechtsextremen Organisationen, auch aus dem Umfeld des NSU, die zu Recht vom Verfassungsschutz beobachtet werden“, warnt die thüringische Landesvorsitzende Jana Schneider. Rückwirkend kann der Bundesvorstand IB-Aktivisten übrigens nicht ausschließen. Sollte er jedoch Kenntnis davon erhalten, daß ein JA-Mitglied sich an Veranstaltungen der IB beteiligt, würde dies nun den Ausschluß zur Folge haben. 

Daß es im vergangenen Jahr weniger ums Ausschließen als ums Einbinden ging, machten die Bundesvorsitzenden Sven Tritschler und Markus Frohnmaier deutlich. „Wir haben es geschafft, uns zusammenzuraufen und den Streit zwischen den unterschiedlichen Lagern zu beenden“, lobt Frohnmaier den Vorstand. Daß man sich dies auch von der Mutterpartei wünsche, gab Sven Tritschler an die Adresse von Gastrednerin Frauke Petry zu verstehen. „Jeder Tag eures Streits ist ein verlorener Tag für Deutschland.“ Die AfD-Bundesvorsitzende gibt sich verständnisvoll. „Ich bitte darum, mit dem AfD-Bundesvorstand geduldig zu sein.“ Die JA fordert sie auf, Informationen nicht einzig vom Hörensagen und aus den Medien heraus zu bewerten. „Die Gelegenheiten, daß man uns totsagt, werden bis 2017 noch zunehmen“, sagt sie. Aber: Der Zustand in der Partei sei besser als in den Medien dargestellt. Intrigen gebe es nicht. Mäßigende Worte kommen von Alexander Gauland, der in seinem Grußwort vor einem sofortigen EU-Austritt warnt. „Erst muß die Frage beantwortet werden, ob die EU reformierbar ist.“ 

Damit widerspricht der AfD-Vize auch den Vorstellungen des Front National, der für Frankreich einen sofortigen Nato- und EU-Austritt fordert. Deren Jugendorganisation ist auf dem Kongreß ebenfalls zugegen. Auf Initiative von Markus Frohnmaier. Der Nachwuchspolitiker hatte sich vor allem um die internationale Vernetzung seiner Organisation gekümmert. Bei den anschließenden Vorstandswahlen wurden sowohl Frohnmaier als auch Tritschler als Bundesvorsitzende wiedergewählt. 

Letzterer setzte sich in einer Kampfabstimmung knapp gegen den Berliner Landesvorsitzenden Thorsten Weiß durch. Hintergrund der Gegenkandidatur war offensichtlich der Versuch, die JA  weiter nach rechts auszurichten. Das Unterfangen scheiterte ebenso wie der Versuch, den stellvertretenden Bundesvorsitzenden Krysztof Walczak aus dem Amt zu wählen. Ein Racheakt, weil Walczak sich so energisch für den Unvereinbarkeitsbeschluß eingesetzt hatte, mutmaßen einige JA-Mitglieder.