© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/16 / 22. Juli 2016

„Wir haben gewarnt“
Das Attentat von Würzburg zwingt zur Debatte über Einwanderung, mahnt CSU-Urgestein Thomas Goppel
Moritz Schwarz

Dr. Goppel, im Herbst wurden CSU-Politiker, die warnten, mit den Flüchtlingen könnten auch Terroristen ins Land kommen, noch verhöhnt und verspottet. Nun hat sich mit Würzburg möglicherweise genau das bewahrheitet.

Thomas Goppel: Gescheiter zu werden, bleibt jedem unbenommen. Ich stelle fest, wir in Bayern müssen es nicht werden. 

Könnte der Würzburger Anschlag Auftakt zu einer Terrorserie sein, wie sie Frankreich schon seit Jahren erlebt? 

Goppel: Terroristen lassen sich nicht durch Ländergrenzen abhalten. Wenn es ihnen möglich ist, werden sie ihre Einflußkreise auch auf unser Land ausdehnen.

Allerdings kommen etliche der französischen Attentäter der letzten Jahre gar nicht direkt aus dem Ausland, sondern sind Einwanderer in der zweiten oder dritten Generation. Hat also die Terrorgefahr nicht auch entscheidend mit Einwanderung zu tun?

Goppel: Genau diese Einsicht haben die meisten in Politik und Medien nur zu gerne unterdrückt. Etliche Stimmen aus Bayern dagegen haben schon frühzeitig darauf hingewiesen, daß das eine mit dem anderen verquickt ist. Gewarnt haben wir!

Schon in Ihrer Schwesterpartei CDU gelten solche Hinweise mitunter als „Stimmungsmache“ und Ausweis „rechter Gesinnung“. 

Goppel: Wir Bayern haben den Bundesinnenminister fast täglich mit der vorgenannten Wahrheit konfrontiert. Aber wenn man, anders als wir, in Berlin siebenhundert Kilometer vom Brennpunkt des Problems an der bayerisch-österreichischen Grenze entfernt und von dem Stau dort nur zu einem Bruchteil direkt betroffen ist, dann hat man eben nicht den Eindruck vom Ernst der Lage. 

Aber es geht doch nicht nur um die Flüchtlinge des letzten Jahres, sondern, wie der Blick nach Frankreich lehrt, ebenso um die längst im Land lebenden, ja sogar dort geborenen Einwanderer, aus denen sich viele der französischen Attentäter rekrutiert haben.  

Goppel: Frankreich oder etwa Belgien haben die Einwanderung in den letzten Jahrzehnten ihrerseits mit zu großer Leichtfüßigkeit betrieben – gegen die wir uns in Bayern bis heute wehren. In deren Parallelgesellschaften kann eine Radikalisierung zum Terroristen sehr schnell gehen. Wir lernen daraus, daß eine andere Kultur, Moral und Weltanschauung sich eben nicht so einfach integrieren lassen, wie viele sich das gedacht haben und daß wir dafür in Zukunft weit mehr Anstrengungen unternehmen müssen.






Dr. Thomas Goppel, der ehemalige Generalsekretär der CSU und mehrfache bayerische Minister, Jahrgang 1947, ist Mitglied im Parteivorstand und Abgeordneter des Bayerischen Landtags.