© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/16 / 15. Juli 2016

Gegengewicht zu Micky Mouse
Qualitätsjournalismus: „Spiegel Online“ hat sich mit dem Vornamen des US-Präsidentschaftskandidaten Trump beschäftigt
Richard Stoltz

Journalisten sollen sich über Namen nicht lustig machen, lautet eine alte Höflichkeitsregel, weil der Namensträger gar nichts dafür kann, daß er einen eventuell spaßträchtigen, zum Witzemachen verführenden Namen trägt. Das hat sich wohl auch die Redaktion von Spiegel Online gedacht, als sie dem US-Präsidentschaftstkandidaten Donald Trump eins auswischen wollte. Dessen Vorname lädt zum Witzemachen ja förmlich ein, weil er automatisch an Donald Duck denken läßt, die weltberühmte Comic-Figur. 

Aber nichts davon! Stattdessen liest man einen ellenlangen, todernsten Artikel über die historische Herkunft des aus Schottland stammenden Namens, über seine Häufigkeit in den verschiedenen Zeiten. Sprachwissenschaftler werden befragt, des weiteren ein Taxifahrer namens Donald Dickau in Erlangen, der sehr stolz auf seinen Vornamen ist.

Schließlich kommt der Autor doch noch auf Donald Duck. Walt Disney habe die Figur 1934 erschaffen, um endlich ein „frecheres, lustigeres Gegengewicht zum vorbildhaften Micky Mouse zu etablieren (…) Donald Duck ist jähzornig und wütend, er prahlt gerne, läßt kein Fettnäpfchen aus, und es macht ihm einen Heidenspaß, andere zu ärgern.“ Also ganz der reale Donald Trump? Ja, „da gibt es schon Parallelen zwischen Duck und Trump“.

Hoffentlich bekommt Spiegel Online jetzt keinen Ärger mit der Frankfurter Allgemeinen, deren Donald-Duck-begeisterte Feuilletonredakteure unter dem Kommando von Patrick Bahners und Andreas Platthaus schon vor Jahr und Tag „D.O.N.A.L.D.“ gegründet haben, die Deutsche Organisation der nichtkommerziellen Anhänger des lauteren Donaldismus. Mit denen ist nicht zu spaßen. 

Doch was soll’s? Der Spiegel hat ausführlich mit dem Pressesprecher der Organisation, Rainer Bechtel, gesprochen, von dem auch die Zitate zu der Comicfigur stammen. Es geht doch nichts über den deutschen Qualitätsjournalismus.