© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/16 / 15. Juli 2016

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Reif für die Ferien
Christian Vollradt

Berlin macht Pause. Die weitgehend politikfreie Zeit der Parlamentsferien hat begonnen, sie kündigten sich bereits vor einiger Zeit schleichend an. 

Woran man das merkt? Nun, zum Beispiel daran, daß sich die Saison der Sommerfeste langsam ihrem Ende nähert. Bei Politikern, Beamten, Journalisten, Lobbyisten und semiprofessionellen „Buffet-Fräsen“ (so ein halb verächtlich, halb bewundernd verwendeter Fachterminus für eine bestimmte Art regelmäßiger Besucher) sind diese abendlichen Veranstaltungen äußerst beliebt. Allen voran die der Landesvertretungen (JF 29/15). Etwas Pech mit dem Wetter hatten übrigens die Hessen, die dieses Jahr spät dran waren; ein heftiger Regenguß vergangene Woche beeinträchtigte die Gartenparty doch ein wenig. 

Aber auch andere Institutionen, Verbände, Fraktionen laden – von Sponsoren großzügig gefördert – zum Umtrunk im Freien. Da wird dann genetzwerkt, kontaktet – und natürlich getratscht: „Sehen Sie, die M. ist heute ohne ihren Mann (und prominenten Parteifreund) hier ...“ „Den MdB Z. kannst du abhaken, der wird eh nicht wieder aufgestellt.“ „Ist Ihnen aufgefallen, daß der Abgeordnete H. erst auftauchte, als sein Fraktionschef schon wieder gegangen war? Die wollten sich partout nicht begegnen ...“ 

Das zweite Merkmal, mit dem sich die ersehnte Sommerpause ankündigt, sind jene mager besuchten Pressekonferenzen, für die es strenggenommen keinen echten Anlaß gibt und bei denen sich mancher Anwesende fragt: „Was soll das?“ 

Beispielsweise am Donnerstag vergangener Woche, als die Bundesfamilienministerin gemeinsam mit ihrem Kollegen vom Justizressort (beide von der SPD) vor Kamera, Mikrofone und Notizblöcke trat. Was also hatten Manuela Schwesig und Heiko Maas zu präsentieren? Die Halbjahresbilanz (!) der gesetzlich verordneten Frauenquote. „Die Quote wirkt“, strahlte Frau Schwesig, denn „es sind mehr Frauen in Führungspositionen gekommen.“ Ihr Nebenmann bemerkte etwas weniger euphorisch, im internationalen Vergleich sei Deutschland bei Frauen in Führungspositionen immer noch Schlußlicht. 

Der genauere Blick offenbart: Seit dem 1. Januar müssen börsennotierte Unternehmen bei Aufsichtsräten mindestens 30 Prozent der neu zu besetzenden Posten mit Frauen besetzen. Insgesamt sind 150 Firmen davon betroffen, bei einem Drittel wurde inzwischen gewählt – und diese haben sich alle an die per Gesetz vorgeschriebene Quote gehalten. Bravo! 

Man stelle sich zum Vergleich einmal vor: Der Bundestag hätte ein Gesetz auf Initiative der Regierungskoalition beschlossen, wonach alle Fahrzeuge ab einem bestimmten Baujahr – bußgeldbewehrt – mit einem zusätzlichen Pneu auszustatten seien; und ein halbes Jahr später verkündete der Verkehrsminister stolz, das Gesetz „wirke“, denn alle betreffenden Autos führen nun fünfrädrig durch die Gegend. „Ja, und?!“ wäre wahrscheinlich die naheliegendste und berechtigte Frage. 

Klar, der Vergleich hinkt. Aber ihn hier zu ziehen ist wahrscheinlich auch nur ein weiteres Indiz für die nahende (und notwendige) Sommerpause.