© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/16 / 15. Juli 2016

Frank Henkel führt in Berlin einen verlorenen Kampf gegen linksextreme Gewalt
Allein und zu spät
Ronald Berthold

In Berlin tobt Bürgerkrieg. Seit Wochen terrorisieren Linksextremisten – in den Berliner Medien gern „Aktivisten“, „junge Leute“ oder „Unbekannte“ genannt – die Hauptstadt. Dutzende Autobesitzer haben seitdem ihre Wagen ans Feuer verloren. Andere müssen neue Schaufenster einsetzen oder die Innen- und Außenwände von Teer und Farbe befreien. Festnahmen bisher: so gut wie keine.

Doch Innensenator Frank Henkel steht nicht in der Kritik, weil er für diese verheerende Bilanz die politische Verantwortung trägt. Vielmehr hat sich der CDU-Politiker dafür zu rechtfertigen, daß er die linksradikalen Gewalttäter zu hart anfasse. Wer ist der Mann, der sich am 18. September mit seiner Partei in Landtagswahlen stellen muß?

In der Jungen Union galt der aus Ost-Berlin übergesiedelte Henkel einst als Hardliner. Von dieser Gesinnung, geprägt durch einen tief sitzenden Antikommunismus, ist nicht viel geblieben – auch wenn er gerade einen anderen Anschein erweckt. Der inzwischen 52jährige führt seit acht Jahren die Berliner CDU. 2011 wurde er Innensenator und zunächst Stellvertreter des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD). Doch ein CDU-Profil im Berliner Senat ist kaum erkennbar. Zu selten zeigte Henkel dem Koalitionspartner Härte und zu oft packt ihn die Angst, von Journalisten als politisch inkorrekt gebrandmarkt zu werden. So ließ er einst „Flüchtlinge“ und deren Unterstützer trotz diverser Straftaten auf dem Oranienplatz gewähren. Außer markigen Sprüche kam nichts. Der grünen Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann war er nicht gewachsen.

Als SPD, Grüne und Linke im Verbund mit den Hauptstadtjournalisten den Rücktritt des Staatssekretärs Michael Büge forderten, weil dieser seit 1989 der Burschenschaft Gothia angehört, sprang Henkel auch über dieses Stöckchen. Der Parteifreund wurde – ohne daß ihm fachliches Fehlverhalten vorgeworfen werden konnte – entlassen.

Im Wahlkampf entdeckt Henkel nun wieder die konservative Klientel, die sich mehr innere Sicherheit wünscht. Was wäre, so fragte er kürzlich, würden „militante Rechte unsere Polizisten von Dächern mit Steinen angreifen“? Natürlich wäre die Empörung riesig. Da hat Henkel recht. Dennoch möchte sich der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) nun mit den politisch motivierten Verbrechern an einen Tisch setzen.

Insofern trifft der Innensenator auch mit folgendem Satz ins Schwarze: „Ich stelle mir vor, Rechtsextreme reagierten auf Polizeieinsätze mit stadtweitem Terror. Niemand käme auf die Idee, mit solchen Extremisten zu verhandeln, Deeskalation einzufordern, ihnen vielleicht sogar Immobilien anzubieten.“ Henkels Problem allerdings dürfte sein, daß er sich erst im Wahlkampf auf diese Einstellung besinnt. Auch der Grund dafür ist offensichtlich: Umfragen taxieren seine CDU bei 18 Prozent.