© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/16 / 08. Juli 2016

Das Trio Schulz-Juncker-Merkel ist am Brexit Schuld
Geldpolitik: Im oberbayerischen Murnau diskutierten AfD-Politiker und Währungsexperten über das Thema „Euro oder Freiheit?“ / Referendum über den Dexit?
Wolfhard H. A. Schmid

Wenn sich die AfD trifft, ist Aufmerksamkeit garantiert – so war es auch am Sonntag im oberbayerischen Murnau am idyllischen Staffelsee. Zwar wollten nur wenige Dutzend Murnauer und Angereiste der AfD „die Rote Karte zeigen“, doch vom Miniprotest im Kurpark – angeführt von der grünen Gemeinderätin Veronika Jones und untermalt von dem Rap-Quartett „GeisTigerUnrat“ – berichteten sogar der Münchner Merkur und das Oberland-Radio.

Was auf der Veranstaltung „Euro oder Freiheit?“ im großen Kultur- und Tagungszentrum diskutiert wurde, war Nebensache. Dabei hatten die drei Hauptredner nicht nur viel mehr aufmerksame Zuhörer, sondern auch Gehaltvolleres zu sagen. Den Auftakt machte Alice Weidel, Mitglied des AfD-Bundesvorstandes, die über die Geldsystemfrage referierte. Was einst nur Experten umtrieb, hat seit der Eurokrise Brisanz erhalten. Und für die promovierte Volkswirtin ist die Antwort klar: alle Währungsunionen ohne einen nationalstaatlichen Unterbau sind gescheitert – darum fordere die AfD einen „Dexit“ nicht aus der EU, sondern von Deutschland aus dem Euro.

Für Peter Boehringer, Vorstand der Edelmetallgesellschaft, ist gutes Geld die Grundlage für freie Menschen und eine solide Wirtschaft. Bekannt geworden als Initiator der Bürgerinitiative „Holt unser Gold heim!“ bedauerte der libertäre Vizesprecher des AfD-Fachausschusses „Euro-, Geld- und Währungspolitik“ die Öde der Parteienlandschaft und speziell der ÖDP, die in Murnau den Bürgermeister stellt. Der aus dem Münsterland stammende Rolf Beuting wollte aber nicht debattieren, sondern ereiferte sich auf der Gegenveranstaltung, die AfD wolle „unser Europa sturmreif schießen“.

Privathaushalten drohen 50.000 Euro Belastung

Noch vor drei Jahren war Boehringer für seine Ausführungen bei einer Münchner ÖDP-Großveranstaltung gefeiert worden. Die These, daß Zentralbanken gegründet wurden, um die Kriegsfinanzierung zu sichern, stammt nicht von der AfD, sondern von Ex-Bundesbankpräsident Axel Weber. Heute lebten wir „in einer Welt, in der nicht der Schuldner, sondern der Gläubiger den Zins bezahlt“, sagt Böhringer – und dem würden auch FAZ oder Welt zustimmen. Während er den Euro nicht für den Preis für die Wiedervereinigung hält, den Helmut Kohl gegenüber François Mitterrand zu zahlen hatte, sieht der Währungsexperte Bruno Bandulet in seinem anschließenden Vortrag dies als gegeben an.

Der durch seine Euro-Klagen beim Bundesverfassungsgericht bekannt gewordene Wirtschaftspublizist stellte die Frage, mit welchen Summen jeder deutsche Privathaushalt für die Euro-Rettung insgesamt theoretisch haftet: Danach entfallen auf den Euro-Rettungsfonds ESM über 6.500 Euro und auf die sogenannten Target2-Salden der doppelte Betrag – falls die entsprechenden Forderungen der Deutschen Bundesbank von den Euro-Krisenstaaten nicht eingetrieben werden können.

Wenn zusätzlich von den fast 10.000 Milliarden Euro an Staatsschulden der Euro-Staaten nur ein Drittel gestrichen werden müssen – womit namhafte Experten rechnen –, dann erhöht sich die Belastung je deutschen Haushalt auf fast 50.000 Euro. Zur Brexit-Debatte zitierte Bandulet die Londoner Financial Times, die als Befürworter des Verbleibs von Großbritannien in der EU gilt: Am Brexit seien vor allem drei Leute hauptschuldig, nämlich Martin Schulz, Jean-Claude Juncker und Angela Merkel.

Was die drei Finanzexperten innerhalb von fünf Stunden zum Thema Euro boten, hatte höchstes Niveau, überforderte allerdings einige Teilnehmer. Darüber täuschten auch die spontanen Beifallsäußerungen bei rhetorischen Schlagworten der Vortragenden nicht hinweg. Bedauerlicherweise blieb am Ende nur eine halbe Stunde übrig, um mit den Referenten zu diskutieren.