© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/16 / 08. Juli 2016

Gescheiterte Rettung für defizitären „Frankfurt Hahn Airport“
Desaster mit Ansage
Thomas Fasbender

Wer sich verläßt, ist verlassen – eine Lebensweisheit, die unmodern scheint. Instinkt und Bauchgefühl gelten als rückständig, lieber beruft man sich auf Controller, Consultants und Auditoren. Auch die Landesregierung in Rheinland-Pfalz hatte offensichtlich kein Problem, einer Firma namens Shanghai Yiqian Trading Company (SYT) den 120 Kilometer westlich von Frankfurt am Main gelegenen „Frankfurt Hahn Airport“, eine der wertvollsten Immobilien ihres Bundeslandes, zu verkaufen. Schließlich hatten die Wirtschaftsprüfer der KPMG (174.000 Mitarbeiter, 155 Länder) Deal und Käufer abgenickt.

Nachdem eine fällige Anzahlung ausblieb, wurde der Verkauf des defizitären Hunsrück-Flughafens von Innenminister Roger Lewentz (SPD) gestoppt. Zuvor waren Zweifel an der Seriosität des Käufers SYT beiseite gewischt worden. In China fand ein ARD-Korrespondent niemanden, der die Firma kannte. Die angegebene Adresse erwies sich als Minibüro mit Pappkartons und ohne Firmenschild. Der Südwestrundfunk nahm sich des „Baugiganten“ Shanghai Guo Qing Investment Company an, der angeblich hinter SYT stehen soll. Unter dessen Adresse im Schanghaier Stadtteil New Pudong gibt es einen Reifenhändler, der einem Ausländer die Frage stellt, ob er auch zu den geprellten Investoren gehöre.

Der deutsche SYT-Anwalt versprach zwar, die Anzahlung werde „kurzfristig erfolgen“. Doch weder ihm noch dem angeblichen SYT-Mitgesellschafter Kyle Wang glaubt man noch. Verständlich, daß die Mainzer Politiker nun KPMG für den Schlamassel verantwortlich machen. Deren alerte Prüfer entgegnen, eine Vor-Ort-Kontrolle der SYT sei nicht vereinbart gewesen. Dennoch habe sich ein KPMG-Mitarbeiter mit den Räumlichkeiten des Kaufinteressenten in Schanghai vertraut gemacht. Ein Verdacht scheint ihm jedoch nicht gekommen zu sein.

Und das, obwohl KPMG nicht beauftragte Zusatzleistungen angeblich mit einem Tagessatz von 1.800 Euro berechnet – was wohl nicht ausreicht, um zwei- oder dreimal hinzuschauen. Insgesamt soll KPMG immerhin 560.000 Euro für die Hahn-Transaktion plus 90.000 Euro für die Markterkundung in Rechnung gestellt haben ––  offenbar nicht genug für eine der vier renommiertesten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, eine Briefkastenfirma von einem realen Unternehmen zu unterscheiden.

Spätestens seit der erschwindelten Aufnahme Griechenlands in die Eurozone, seit dem Desaster mit den testierten Subprime-Papieren in der Weltfinanzkrise und den „politischen“ Rückstufungen der Kreditwürdigkeit Rußlands und Großbritanniens steht fest, daß auf Wirtschaftsprüfer oder Ratingagenturen wirklich kein Verlaß ist. Der Hauptstadtflughafen BER oder die Posse um den „Lübeck Airport“ hätte auch Mainzer Landespolitikern eine Warnung sein müssen.