© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 27/16 / 01. Juli 2016

Die Konservativ-Liberalen spielen va banque
Australien: Mit der vorgezogenen Parlamentswahl versprechen sich die Bürgerlichen Rückenwind, doch der scheint auszubleiben
Michael Link

Australien ruft seine Bürger am 2. Juli zur vorgezogenen Wahl eines neuen Parlaments auf. Grund der Vorverlegung durch Regierungschef Malcolm Turnbull von der Liberalen Partei war eine Abstimmungsniederlage der Regierung am 18. April im Senat, dessen Abgeordnete mehrheitlich gegen eine geplante Arbeitsmarktreform gestimmt hatten. 

Turnbull, der erst seit vergangenem September im Amt und der vierte Premierminister innerhalb von nur zweieinhalb Jahren ist, nutzt damit das Instrument der doppelten Auflösung: Demnach kann eine Regierung das Repräsentantenhaus und den kompletten Senat auflösen, wenn sie mit einem ihrer  wichtigen Gesetzesvorgaben scheitert.

„In dieser sehr unsicheren Welt braucht Australien politische Stabilität und einen starken Wirtschaftsplan für Arbeitsplätze und Familien“, betonte Premierminister Turnbull in seinem Wahlkampf. „Der Plan der Koalition für eine starke New Economy wird das Wachstum, Arbeitsplätze und eine sichere Zukunft bieten.“ Neben der Wirtschaft waren die australische Flüchtlingspolitik sowie die Legalisierung der Homo-Ehe die bestimmenden Themen des zweimonatigen Wahlkampfes.

Die Ansetzung der Neuwahlen gleicht allerdings einem Vabanquespiel. Lag Turnbull in den ersten Monaten seiner Amtszeit bei den Wählern hoch im Kurs, liegen angesichts des Verschleppens einer lange erwarteten Steuerreform die Umfragewerte deutlich unter den Erwartungen. Demnach käme die Regierungskoalition aus Liberalen, Nationalen, der Liberal-Nationalen Partei sowie der Liberalen Landpartei auf 82 Mandate. 

Bei der Wahl 2013 hatte seine Koalition noch 90 Sitze errungen. Demgegenüber wird der oppositionellen Labor-Partei unter Bill Shorten mit 63 Mandaten, die bei der vergangenen Wahl lediglich 55 Mandate erreichte, ein Stimmenzuwachs prognostiziert.

Unmut über das Zweiparteiensystem steigt 

Der wachsende Unmut über das Zweiparteiensystem, parteiinterne Querelen und der häufige Wechsel von Regierungs-chefs, aber auch über die Masseneinwanderung aus Asien könnten allerdings auch kleineren Parteien in die Hände spielen. Zulegen könnten demnach auch die Grünen und Katter‘s Australian Party, die bislang jeweils nur ein Mandat hatten. Bob Katter’s Partei (JF 24/12) vertritt in erster Linie die Interessen der Landbevölkerung gegen die zunehmende Verstädterung und Industrialisierung des Bundesstaats Queensland. Der 71jährige ist immer für Schlagzeilen gut, denn er nimmt bei seinem Kampf gegen die Einwanderung und Schwulenrechte kein Blatt vor den Mund. 

Mit dem Thema Einwanderung und Islamisierung suchen auch die 2013 gegründete Rise Up Australia Party (JF 9/13) sowie die seit April existierende Australian Liberty Alliance zu punkten. Alle liegen damit konträr zu den Grünen, die keinen Hehl aus ihrer Ablehnung der „No way“-Politik machen und einen „bessseren Weg“ fordern, der alle Asylsuchenden willkommen heißt.