© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 26/16 / 24. Juni 2016

Knapp daneben
Fettleibigkeit ist kein Kavaliersdelikt
Karl Heinzen

Immer noch haben etwa 800 Millionen Menschen nicht genug zu essen. Über all der Aufmerksamkeit, die dem Mangel gewidmet wurde, sind jedoch die Probleme aus den Augen geraten, die der Überfluß heraufbeschwört. Dies rächt sich nun. Der aktuelle „Global Nutrition Report“ beziffert die Zahl der Erdbewohner, die als übergewichtig oder gar fettleibig anzusehen sind, bereits auf zwei Milliarden.

Ein Umdenken ist daher erforderlich. Bislang fühlte sich die Weltgemeinschaft allein dafür verantwortlich, das Leid der Hungernden zu lindern. Die Dicken hingegen überließ sie sich selbst. Dies wäre hinzunehmen, wenn Übergewichtige die Konsequenzen ihrer fatalen Ernährungsweise alleine auszubaden hätten, weil sie ihr Spiegelbild nicht mehr ertragen oder es ihnen schwer fällt, sich durch den Alltag zu manövrieren. Dicke fallen aber auch der Gesellschaft zur Last. Sie werden häufigerer krank und früher erwerbsunfähig. Ihre Leistungsfähigkeit ist gering. Der wirtschaftliche Schaden, den sie Jahr für Jahr anrichten, kommt jenem der globalen Finanzkrise nahe.

Notfalls muß der freie Verkauf von Lebensmitteln unterbunden und diese durch den Staat verteilt werden.

Der Stadtrat von Philadelphia will dies nicht länger hinnehmen. 70 Prozent der erwachsenen und 40 Prozent der minderjährigen Einwohner der US-Metropole sind übergewichtig. Der übermäßige Genuß von Softdrinks mit hohem Zuckergehalt gilt dafür als eine Hauptursache. Auf Getränke dieser Art wird daher ab Januar 2017 eine „Soda-Tax“ in Höhe von 50 Cent erhoben. Die Hoffnung, Dicke damit zur Vernunft zu bringen, ist aber verhalten. Selbst wenn man die zusätzlichen Steuereinnahmen in Ernährungsberater investieren würde, wären kurzfristige Erfolge kaum zu erwarten. Wer das Problem lösen will, wird es somit nicht bei der Soda-Tax belassen können. Weitere Steuern auf andere Fettmacher sind erforderlich. Notfalls muß der freie Verkauf von Lebensmitteln unterbunden werden und ihre Verteilung durch den Staat erfolgen. Als Ultima ratio kommt eine Verschärfung des Strafrechts in Betracht. Fettleibigkeit ist kein Kavaliersdelikt. Dicke sind Kriminelle. Sie gehören hinter Gitter, um dort über ihr Fehlverhalten nachdenken zu können.