© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/16 / 17. Juni 2016

Haltungsnote
Verrückt, aber nur zum Teil
Christian Rudolf

Jeder hat seine zwei Seiten. Selbstverständlich kann man den US-Technologie-Investor und Milliardär Peter Thiel kritisch sehen. Kann den deutschstämmigen Facebook-Förderer und Paypal-Miterfinder für überdreht und abgehoben halten, der bei seiner Jagd nach ewigem Leben den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht. Der im Silicon Valley hockt, täglich Wachstumshormone schluckt, um 120 Jahre alt zu werden, der Vision anhängt, durch technologischen Fortschritt in Zukunft Tote zum Leben erwecken zu können, die eigene Leiche einfrieren zu lassen, wenn es zu Lebzeiten damit noch nicht geklappt hat, und massenhaft Kapital in Firmen verbrät, die für ein „Unsterblichkeitsprojekt“ rackern. Wir kennen da ein Mittel, das ganz ohne Knete und Computer geht und im Prinzip nur fließend Wasser und einen ganz speziellen Spirit braucht, aber das nur am Rande.

Der 48jährige war vergangene Woche zu einer Stippvisite im Bundes­finanzministerium und brachte atmosphärische Frische unter die Geldzähler. „Entweder hat man eine Welt voller verrückter Ideen oder Negativzinsen“, las er uns „Alt­europäern“ die Leviten. „Auf Dauer ist es für die Gesellschaft viel wichtiger, die Qualität zu erhöhen, als die Preise zu senken.“ Wo der Thiel recht hat, hat er recht!