© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/16 / 17. Juni 2016

Frisch gepresst

Dritter Weltkrieg. Über „neue Unübersichtlichkeit“ sinnierte der betuliche Jürgen Habermas, Staatsphilosoph im Bonner Republik-Idyll, als es eigentlich noch so hübsch ordentlich und „vernünftig“ in Europa zuging, wie in seinem Hauptseminar. Hingegen käme es heute plumper Verharmlosung gleich, das seit „9/11“ expandierende globale Chaos unübersichtlich zu nennen. „Krieg“ scheint inzwischen überall zu sein, nicht nur im Nahen Osten und Afrika. Auch in Europas von Islamisten terrorisierten Großstädten, an seinen mit der „Migrationswaffe“ bedrohten Außengrenzen, im Dschungel des enthemmt spekulierenden, Volkswirtschaften zerrüttenden „Raubtierkapitalismus“ (Helmut Schmidt) und als „Cyberkrieg“ im Internet. Als Pfadfinder, der Orientierung in diesem Wirrwarr vermitteln will, bietet sich Peter Orzechowski an, dessen neues Buch diese Hochkonjunktur an Kriegen und Krisen als „direkten Weg in den Dritten Weltkrieg“ deutet. Der Münchner Journalist glaubt, die permanente Umwälzung des Bestehenden auf die Strategie des „militärisch-industriellen Komplexes“ der USA zurückführen zu können, der rund um den Globus Nationen und Gesellschaft destabilisiere, um sich als „einzige Weltmacht“ behaupten zu können. (dg)

Peter Orzechowski: Der direkte Weg in den Dritten Weltkrieg. Wie USA und Nato mit Terror, Migration und Chaos eine neue Welt erschaffen. Kopp Verlag, Rottenburg 2016, gebunden, 285 Seiten, 19,95 Euro




Verdun. Vielleicht hätte sich die historisch unmusikalische Bundeskanzlerin vor ihrem gemeinsamen Gedenken mit François Hollande Ende Mai in Verdun einmal mit dem von ihren CDU-Parteifreunden Michael Hörter und Diego Voigt herausgegebenen Band zur Wirkungsgeschichte dieser „Urschlacht des 20. Jahrhunderts“ vertraut machen sollen. Dann wäre sie beim Wort „Vaterland“ vielleicht nicht schreckhaft zusammengezuckt, als dieser Begriff in der Erklärung über das „Warum“ des hunderttausendfachen Soldatentods an der Maas fiel. Denn der unter Regie des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge entstandene Sammelband über die Rezeption in Politik, Literatur und Film dokumentiert treffend, warum dieser „historische Ort“ über die gewaltigen Opfer von 1916 hinaus das Potential hatte, sowohl in der französischen als auch der deutschen Nationalerzählung einen ganz besonderen Mythos zu entfalten. (bä)

Michael Hörter, Diego Voigt (Hrsg:): Verdun 1916. Eine Schlacht verändert die Welt. Aschendorff Verlag, Münster 2016, gebunden, 311 Seiten, Abbildungen, 19,95 Euro