Fernsehwerbung ist nicht nur nervig, sondern auch hoffnunglos anachronistisch. Die neue „Fernsehwerbung“ läuft auf dem Smartphone, doch das haben die Werbefritzen noch nicht so ganz mitgekriegt. Zu diesem radikalen Schluß kommt die Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung, ein Projekt des Axel-Springer-Verlages und des Marktforschungsinstituts Nielsen.

Fast drei Viertel der Deutschen nutzen täglich ihr mobiles Endgerät. Die Überraschung: Ebenso viele tun das sogar während des Fernsehens – und zwar vor allem während die Werbung läuft. Das bleibt nicht folgenlos: Um dieselbe Netto-Reichweite zu erzielen, sind heute dreimal so viele Werbespots nötig wie vor zehn Jahren. 

Doch immer noch wird rund die Hälfte der Werbeetats für Fernsehwerbung ausgegeben. 

Internet-Videos vom Smartphone werden dagegen nicht nur schneller aufgenommen, sondern auch besser behalten, was die Kaufwahrscheinlichkeit gegenüber der TV-Reklame verdoppelt. Doch immer noch wird rund die Hälfte der großen Werbeetats für Fernsehwerbung ausgegeben, gegenüber nur einem Prozent für Netz-Videos. Dabei übertrifft allein die Reichweite von Facebook mit 21 Millionen täglichen Nutzern selbst den größten TV-Quotenhit mit nur 13,8 Millionen Zuschauern wie zum Beispiel die EM-Qualifikationsspiele. 

Plattformen wie Facebook und Instagram stellen sich immer besser darauf ein: Videos einzubinden ist kein Problem, vom Zehn-Sekunden-Clip bis zum Kurzfilm. Neue Formate wie 360-Grad-Videos und Livestreams machen Werbung vielseitiger und attraktiver. 

Zudem ist es möglich, Videos in unzähligen regionalen Varianten zielgenau ohne Streuverluste zu verbreiten. Da wirkt das Fernsehen wie ein Retro-Gegenstand aus der Schwarzweißzeit. 

Das Medienverhalten hat sich gewandelt, doch die Werbeindustrie reagiert darauf wie ein schwerfälliger Tanker. Dabei ermöglicht die günstige Produktion von Internet-Videos auch kleinen und mittelständischen Unternehmen kreative „Fernsehwerbung“.