© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/16 / 10. Juni 2016

GegenAufklärung
Kolumne
Karlheinz Weissmann

Katze aus dem Sack A: In einem Artikel der Washington Post wurde unter dem sprechenden Titel „Wir müssen uns vor dem ignoranten Wähler schützen“ der Vorschlag gemacht, das Wahlrecht zukünftig an die erfolgreiche Absolvierung eines Tests in Staatsbürgerkunde zu binden. Es bedarf keiner großen Phantasie, um sich auszumalen, wie begeistert die PC-Warte von diesem Vorschlag sind und wie sie bereits eifrig an dem Fragebogen arbeiten, mit dem nicht nur verhindert werden soll, daß Trump der nächste Präsident der USA wird.

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Katze aus dem Sack B: FAZ-Mitherausgeber Jürgen Kaube hat nach der Identität nun auch das Volk als „Konstrukt“ entlarvt, was im letzten so viel heißt, daß es sich im einen wie im anderen Fall um etwas – schlecht – Ausgedachtes handelt. Merkwürdig unscharf bleibt allerdings die Menge denkbarer Alternativen. Man hat fast das Gefühl, daß hier nicht genügend nachgedacht wurde. Sonst müßte nicht nur auffallen, daß die favorisierten Postulate – Universalismus, Menschenrechte, Gleichheit – viel eher noch als „Konstrukte“ zu gelten haben, jedenfalls als etwas, das keine Essenz hat und hurtig abgeräumt wird, sollte man den Konsens, den so verzweifelt beschworenen, endlich als nicht vorhanden erkennen.

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Blondinen bevorzugt: Entgegen der Vorstellung vom „blonden Dummchen“ hat eine von der Universität Ohio durchgeführte Langzeitstudie festgestellt, daß der Intelligenzquotient blonder Mädchen und Frauen zwischen 14 und 21 Jahren mit 103,2 Punkten um 3,2 über dem Mittelwert liegt. Brünette kommen im Mittel auf 102,7, Rothaarige auf 101,2 und Schwarzhaarige auf 100,5. Bei den Männern rangieren übrigens Braunhaarige auf Platz 1 (104,5), dann kommen die Blonden (103,9), die Roten (100,5) und schließlich die Schwarzen (100,1).

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Zum Tod des Ausnahmeboxers Muhammad Ali: Dessen Namensänderung, weg von Cassius Clay, nach dem Übertritt zum „schwarzen“ Islam, hatte auf mich als Kind eine ähnlich verstörende Wirkung wie der Entschluß des wegen seiner Leutnantsuniform hemmungslos bewunderten Cousins, nachträglich den Wehrdienst zu verweigern und sich die Haare über die Ohren wachsen zu lassen, die Neigung meiner Cousine, im Bikini vor unserem Wohnblock durch den Sommerregen zu tanzen, und das Auftreten des ersten Lehrers in Kombination (Jackett und Hose in verschiedenen Farben), ohne Krawatte, mit Rollkragen. Die Zeichen der Zeit waren nicht zu deuten, aber man ahnte dunkel, daß sich große Veränderungen ankündigten.

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Die Information, daß für die Beförderung eines Beamten auch „Genderkompetenz“ ausschlaggebend ist, hält man nur auf den ersten Blick für einen schlechten Scherz. Faktisch handelt es sich um den dreisten Versuch, den Staatsdiener jenseits der selbstverständlichen Treuepflicht gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung auch auf eine bestimmte Art ideologischer Rechtgläubigkeit zu verpflichten. Wo ist da noch ein qualitativer Unterschied zu jener „Parteilichkeit“, die im untergegangenen deutschen Zweitstaat verlangt wurde?

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Der von der Shell-Studie festgestellte Konformismus der Jugendlichen hängt auch zusammen mit der eigenartigen und schon länger anhaltenden Tendenz zum Wertekonsens zwischen den Generationen. Im wesentlichen gibt es dafür wohl drei Gründe: die Wahrnehmung der eigenen als der besten aller denkbaren Welten, die Schwäche der elterlichen Autorität und die zahlenmäßige Unterlegenheit der Heranwachsenden.

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Seit Dezember des vergangenen Jahres bietet Radar Productions, ein in San Francisco (wo sonst?) ansässiger Sender, der sich um die Förderung von „queerer“ Kunst bemüht, „Drag Queens“ als Märchentanten für Kinder an. Wie man hört, genieren sich die Kleinen nur zu Beginn und werden dann ganz zutraulich. Die Menge der Schulen und Bibliotheken, die das Angebot wahrnimmt, soll ständig wachsen.

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Der französische Autor Éric Zemmour hat den Ablauf der Präsidentschaftswahl in Österreich symptomatisch genannt. Hier zeichneten sich die „kommenden Konfrontationen“ ab. Man muß hoffen, daß er damit unrecht hat, aber tatsächlich war Österreich schon einmal von der Aufspaltung zweier unversöhnlicher Blöcke betroffen, wobei die Hauptschuld bei einer maßlosen Linken lag.

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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hat dem aus Tunesien stammenden Terroristen Nizar Trabelsi eine Entschädigung von 90.000 Euro zugesprochen, da der durch ein belgisches Gericht wegen Vorbereitung eines Sprengstoffattentats Verurteilte an die USA ausgeliefert wurde, wo man ihn aufgrund eines ähnlichen Plans abgeurteilt hat und keine Möglichkeit der Bewährung oder Haftverkürzung einräumte.